Bestandene Vertrauensfrage, aber ... FDP-Chef Lindner steht unter Beobachtung
Berlin. · Trotz bestandener Vertrauensfrage und Kehrtwende gibt es Kritik am FDP-Chef.
Die Narben wegen seines verpatzten Krisenmanagements unmittelbar nach der Wahl eines FDP-Regierungschefs in Thüringen mit Stimmen der AfD sind für Christian Lindner auch nach überstandener Vertrauensfrage nicht verheilt. Der 41-Jährige steht politisch unter verschärfter Beobachtung.
Auch am Tag zwei nach dem Beben in Thüringen war der Ärger bei vielen Liberalen immer noch groß. „Ich fand das sehr schwierig, dass die Parteiführung da nicht sofort reagiert hat und gesagt hat, hier muss ein sofortiger Rücktritt her“, meinte Anna von Treuenfels-Frowein. Sie ist Spitzenkandidatin bei der Bürgerschaftswahl am 23. Februar in Hamburg und war eine der Ersten, die sich von dem AfD-gestützten Votum für ihren Parteifreund Thomas Kemmerich distanzierte.
Lindner dagegen hatte die Wahl zunächst begrüßt. Erst als ein Sturm der Entrüstung sowohl in den eigenen Reihen als auch von außen los- brach, machte Lindner eine 180-Grad-Drehung. Er fuhr am Donnerstag nach Erfurt, um Kemmerich zum Rückzug zu bewegen. Immerhin konnte sich Lindner damit durchsetzen. Dazu soll Lindner gegenüber Kemmerich allerdings sogar mit dem Rückzug vom Parteivorsitz gedroht haben.
Bevor der Parteivorstand am Freitag über die Vertrauensfrage abstimmte, entspann sich „eine sehr intensive und offene Aussprache“, wie Lindner später sagte. Seine Bestätigung als Vorsitzender stand allerdings schon mangels personeller Alternativen außer Frage.
Den Verdacht, er habe „grünes Licht“ für eine bewusste Inkaufnahme von AfD-Stimmen gegeben, wies Lindner weit von sich. „Für uns ist eine Zusammenarbeit prinzipiell ausgeschlossen.“ Auch bedauere er „die Zweifel an der grundlegenden Orientierung unserer Partei zutiefst“. Zugleich räumte Lindner Fehler bei seiner ersten Wahlbewertung ein. „Man hätte auch anders formulieren können.“ Zudem sei es von Kemmerich falsch gewesen, die Wahl anzunehmen, so Lindner.
Wie glaubhaft diese Rolle rückwärts wirkt, dürfte sich bei der Hamburg-Wahl am 23. Februar zeigen. Dort kämpfen die Liberalen ums parlamentarische Überleben. Eine aktuelle Umfrage sieht sie bei nur fünf Prozent.