FDP-Ministerwechsel wird vollzogen
Berlin (dpa) - Nach der Personalrochade bei der FDP geht heute in Berlin die dazu nötige Kabinettsumbildung offiziell über die Bühne. Der bisherige Wirtschaftsminister und neue Fraktionschef Rainer Brüderle erhält im Schloss Bellevue von Bundespräsident Christian Wulff seine Entlassungsurkunde.
Zudem wird der Wechsel des Gesundheitsministers und künftigen FDP-Chefs Philipp Rösler ins Wirtschaftsressort vollzogen. Als neuer Gesundheitsminister wird der bisherige Staatssekretär Daniel Bahr am Morgen zunächst im Bundestag vereidigt, danach erhält er vom Staatsoberhaupt seine Ernennungsurkunde.
Angesichts der tiefen Krise der FDP rechnet der designierte Bundesgesundheitsminister Bahr nicht mit einer raschen Erholung seiner Partei. Zwar sei dem kommenden Parteivorsitzenden Rösler, eine „gute Neuaufstellung“ der FDP-Spitze gelungen. Das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen aber „wird ein Marathonlauf“, sagte der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Die Liberalen stagnieren in den Umfragen seit Monaten bei vier Prozent. Mit ihrem am Freitag beginnenden Rostocker Parteitag wollen sie ein Aufbruchsignal setzen.
Bahr und FDP-Generalsekretär Christian Lindner - beides Vertraute Röslers - forderten eine inhaltliche Neuausrichtung. Lindner möchte dem Bund mehr Einfluss in der Bildungspolitik verschaffen und dazu das im Grundgesetz verankerte Verbot von Bund/Länder-Kooperationen aufheben, wie er der „Frankfurter Rundschau“ sagte. Die 2006 eingeführte Regelung spricht den Ländern die alleinige Zuständigkeit zu und verbietet dem Bund die direkte Finanzierung von Bildungsprojekten.
Bahr forderte eine stärkere Hinwendung zu sozial- und bildungspolitischen Themen. Neben den Bereichen Steuern, Wirtschaft und Bürgerrechte werde die FDP unter Röslers Führung „den Bereich Bildung und Chancengerechtigkeit stärker ins Auge fassen“. Leistungs- und Chancengerechtigkeit gehörten zusammen. Damit sei aber keine Annäherung an die SPD verknüpft. Bahr erwartet auf dem Parteitag nochmals kontroverse Diskussionen „über Versäumnisse und Fehler der vergangenen Monate“. Im Anschluss müsse aber mit den Personaldebatten Schluss sein.
Mehrere Liberale kritisierten die Forderung des Vizefraktionsvorsitzenden Martin Lindner nach einer Abstimmung des Parteitags über den Verbleib des scheidenden Parteichefs Guido Westerwelle im Amt des Außenministers. Wie „BILD.de“ unter Berufung auf Fraktionskreise meldet, bereiten sogar mehrere FDP-Abgeordnete einen Abwahlantrag vor. Mit diesem Antrag solle Lindner als Fraktionsvize bereits in der nächsten Fraktionssitzung abgesetzt werden. Auslöser sei der Antrag zur Zukunft von Außenminister Westerwelle.
Bahr hat dafür „überhaupt kein Verständnis“. Der schleswig-holsteinische FDP-Vorsitzende Jürgen Koppelin nannte die Forderung in der „Rheinischen Post“ „menschlich unanständig und geradezu bösartig“. Auch der sächsische FDP-Vorsitzende Holger Zastrow und Vize-Fraktionschefin Gisela Piltz äußerten Kritik.
Das baden-württembergische Landesvorstandsmitglied Pascal Kober sagte dagegen der „Stuttgarter Zeitung“ (Donnerstag), er erwarte, dass Westerwelle nicht erst auf einen möglichen Abwahlantrag reagiert. „Er wird es als Mann der preußischen Tugenden als eine Frage der Ehre begreifen, sich dem Votum der Delegierten freiwillig zu stellen.“