Gegendemonstranten übertrumpfen Legida
Leipzig (dpa) - Dem islamkritischen Legida-Bündnis ist es nicht gelungen, für eine Großdemonstration in Leipzig wie erhofft einige Zehntausend Teilnehmer zu mobilisieren.
Zu der Kundgebung auf dem zentralen Augustusplatz mit anschließendem Aufzug über einen Teil des Innenstadtrings versammelten sich am Mittwochabend nach Angaben der Stadt 15 000 Legida-Anhänger. 20 000 Menschen demonstrierten dagegen.
Fast zeitgleich trat Lutz Bachmann, Mitgründer und Chef der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida), von seinen Ämtern zurück - gegen ihn wird wegen Volksverhetzung ermittelt. Zuvor waren ein Foto Bachmanns mit Hitler-Bärtchen und ausländerfeindliche Facebook-Postings des 41-Jährigen öffentlich geworden.
Den Zugang zum Augustusplatz blockierten Tausende Legida-Gegner. Anhänger der Islamkritiker wurden mit Trillerpfeifen und „Haut ab, haut ab“-Rufen empfangen und am Weiterkommen gehindert. Insgesamt waren 19 Gegenkundgebungen angemeldet. Die Stadt Leipzig schaltete als Zeichen des Protests gegen Legida die Außenbeleuchtung markanter Gebäude ab, unter anderem am weltberühmten Gewandhaus.
Die Polizei, die mit 4000 Beamten aus ganz Deutschland im Einsatz war, sprach von einer gespannten Stimmung. Beim Abmarsch der Legida-Anhänger kam es laut Polizei vereinzelt zu Tumulten. Es flogen Böller und Flaschen, Journalisten wurden angegriffen. Ob es Verletzte gab, war zunächst unklar.
Das sächsische Oberverwaltungsgericht wies eine Beschwerde der Legida gegen Auflagen der Stadt zum Demonstrationsverlauf noch am Abend als unzulässig zurück. Die Islamkritiker waren zuvor schon vor dem Leipziger Verwaltungsgericht gescheitert.
Viele Geschäfte im Zentrum hatten wegen der Demonstrationen vorzeitig geschlossen. Am Nachmittag hatte es zwei Brandanschläge auf die Bahnstrecke Dresden-Leipzig gegeben. Im Leipziger Hauptbahnhof musste fast die Hälfte der Gleise gesperrt werden, es kam zu Verspätungen. Am Abend legten zwei weitere Brandanschläge an Stationen des Leipziger Citytunnels zwei Stunden lang den S-Bahn-Verkehr.
Bachmanns „Hitler“-Foto und die ausländerfeindlichen Facebook-Postings hatten eine Welle der Empörung ausgelöst. Am Abend zog der Pegida-Chef die Konsequenzen. „Es tut mir leid, dass ich damit den Interessen unserer Bewegung geschadet habe“, erklärte er. Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte zuvor Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung aufgenommen. In den Posts bezeichnete Bachmann Ausländer als „Viehzeug“, „Gelumpe“ und „Dreckspack“.
„Die jetzt bekanntgewordenen Facebook-Postings Lutz Bachmanns vom September weisen wir als Verein aufs Schärfste zurück“, erklärte Pegida-Sprecherin Oertel. „Sie tragen nicht dazu bei, Vertrauen zu den Zielen und Protagonisten von Pegida zu entwickeln.“ Bachmann ergänzte in der schriftlichen Mitteilung: „Es waren unüberlegte Äußerungen, die ich so heute nicht mehr tätigen würde.“ Das Foto hatte er zuvor als Spaß bezeichnet und zu entschuldigen versucht.
Die rechtskonservative AfD begrüßte Bachmanns Rücktritt. „Er hat mit seinen traurigen Äußerungen und ekelhaften Scherzen die Menschen von Pegida, die getrieben von ehrlichen Sorgen auf die Straße gehen, beschämt“, sagte ein Sprecher. Die AfD hatte in den vergangenen Wochen Kontakt zur Pegida-Bewegung gesucht. Einer öffentlichen Begegnung mit Bachmann ging die AfD-Spitze jedoch aus dem Weg.
Nach Morddrohungen von Islamisten befindet sich Bachmann unter Polizeischutz. Wegen der Terrorgefahr hatte die Dresdner Polizei die für vergangenen Montag geplante Pegida-Kundgebung und alle weiteren öffentlichen Versammlungen in der Stadt untersagt. Bachmann hatte die Anhänger des Bündnisses deshalb zur Teilnahme an der Kundgebung des Leipziger Pegida-Ablegers am Mittwochabend aufgerufen.
Zwischen Pegida und Legida bahnte sich am Mittwoch ein neuer Konflikt an: Pegida-Sprecherin Oertel kündigte an, eine Unterlassungsklage zu prüfen, da sich die Legida-Organisatoren bislang geweigert hätten, den Forderungskatalog von Pegida zu übernehmen. „Alles, was heute Abend in Leipzig gesagt und gefordert wird, ist nicht mit uns abgesprochen. Das kann sich für die einheitliche Wahrnehmung unserer Bewegung als kontraproduktiv erweisen“, so Oertel.