Geplante Verschärfung des Sexualstrafrechts auf dem Weg

Berlin (dpa) - Künftig sollen sexuelle Übergriffe auch ohne ein gewaltsames Vorgehen des Täters als Vergewaltigung strafbar sein. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist laut Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) seit kurzem in der Länderabstimmung.

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Der CDU-Vorstand kündigte am Samstag nach einer Klausur in Mainz an: „Für den Straftatbestand muss ein klares „Nein“ des Opfers ausreichen, auch wenn nicht zugleich der Tatbestand der Gewalt oder Nötigung vorliegt.“ Dies ist aber im Gesetzentwurf bislang nicht vorgesehen.

Mit Blick auf die „widerwärtigen Übergriffe und Attacken in der Silvesternacht in Köln und in anderen Städten“ erklärte die CDU-Spitze in ihrer „Mainzer Erklärung“: „Insbesondere sexuelle Belästigung und Vergewaltigung sind nicht hinnehmbar. Sie verlangen nach einer harten Antwort des Rechtsstaats.“ Um einen besseren Schutz vor sexueller Gewalt zu gewährleisten, sollten auch Belästigungen wie Grapschen, die unterhalb der Schwelle sexueller Nötigung liegen, unter Strafe gestellt werden.

Der neue Vergewaltigungsparagraf könne noch in diesem Jahr vom Bundestag verabschiedet werden, sagte Justizminister Maas der „Bild am Sonntag“. Im Kurznachrichtendienst Twitter meldete er sich am Samstag mit der Aussage: „Müssen alles tun, um Frauen besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Werden Lücken im #Sexualstrafrecht schließen.“

Der Straftatbestand der Vergewaltigung wäre laut Entwurf auch erfüllt, wenn sich das Opfer subjektiv als schutzlos empfindet oder der Täter einen „Überraschungsmoment“ ausnutzt, etwa durch eine unvermittelte Attacke im öffentlichen Raum. Bislang wird im Strafrecht eine Sexattacke nur dann als Vergewaltigung gewertet, wenn das Opfer geschlagen oder an Leib und Leben bedroht wurde - oder sich in einer „schutzlosen“ Lage befand.

Einen Alternativvorschlag des Deutschen Juristinnenbunds, der jegliche sexuelle Handlung kriminalisiert, die ohne das Einverständnis der anderen Person vorgenommen wird, lehnt der Referentenentwurf des Justizministeriums allerdings ausdrücklich ab. Dies wäre ein „Paradigmenwechsel“, der einer sorgfältigen Prüfung bedürfe, „die eine entsprechende Zeit erfordert“.

Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Eine Änderung der Gesetzeslage wird dazu beitragen, dass mehr betroffene Frauen sich zu einer Anzeige entschließen, dass weniger Strafverfahren eingestellt werden und dass sexuelle Übergriffe adäquat geahndet werden.“

Die Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) betonte: „Gewalt gegen Frauen ist kein Kavaliersdelikt und erlaubt kein Pardon. Wer sexuelle Handlungen an Menschen vornimmt, auch wenn diese Nein sagen, muss bestraft werden.“

Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast (Grüne), hält den Entwurf aber für unzureichend. „Es bleibt im Grunde beim alten Tatbestand, der oftmals zu Freisprüchen führt“, sagte sie der „Berliner Zeitung“ (Samstag). Nötig sei, dass ein eindeutiges Nein zu sexuellen Handlungen als Grenze zur Strafbarkeit genüge.

Anlass der Reform ist die Istanbul-Konvention des Europarats, dem 47 Staaten angehören. Nach dieser Konvention aus dem Jahr 2011 ist jede „nicht einverständliche, sexuell bestimmte Handlung“ zu bestrafen.