Innenminister wollen zurück zu Einzelfallprüfungen bei Syrern
Koblenz (dpa) - Deutschland will syrische Flüchtlinge wieder stärker unter die Lupe nehmen und eine Abschiebung afghanischer Asylbewerber in sichere Regionen ihrer Heimat ermöglichen.
Die Innenministerkonferenz (IMK) sprach sich am Donnerstag in Koblenz für die Wiedereinführung der Einzelfallprüfung bei Syrern aus. „Das wird unverzüglich erfolgen“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Die Einzelfallprüfungen soll es für alle Asylbewerber geben. Zum Streit über den Familiennachzug von syrischen Flüchtlingen fassten die Innenminister keinen Beschluss. „Die Frage des Familiennachzugs diskutieren wir in Berlin.“
De Maizière und IMK-Chef Roger Lewentz (SPD) begründeten die Rückkehr zur Einzelfallprüfung mit Sicherheitsaspekten. Manche Asylbewerber würden sich fälschlich als Syrer ausgeben, um ihre Chancen auf Anerkennung zu steigern. Zugleich kam aus der IMK der Appell an den Bund, wie angekündigt das Personal des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufzustocken, um den Antragsstau zu bewältigen. CDU-Vize Julia Klöckner betonte, es sei klar, dass das Asylrecht ein Einzelfallrecht sei.
Die Rückführungen afghanischer Flüchtlinge in sichere Regionen solle grundsätzlich möglich und erlaubt sein, sagte de Maizière. Er verwies darauf, dass es bereits Einzelfallprüfungen für afghanische Asylbewerber gebe. Voraussetzung für eine Rückkehr in die Heimat sollen verbindliche Absprachen der Bundesregierung mit Afghanistan, dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration IOM sein.
Die Hilfsorganisation Pro Asyl kritisierte den Beschluss zur möglichen Rückführung in sichere Gebiete als unverantwortlich. „Es gibt keine auf Dauer sicheren Gebiete in Afghanistan“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. „Die Minister setzen damit Menschenleben aufs Spiel.“
Mit mehr als einer Million Flüchtlingen in Deutschland rechnet Lewentz in diesem Jahr. „Wir werden noch vor Weihnachten die eine Million in Deutschland erreichen“, sagte der rheinland-pfälzische Ressortchef. In seiner offiziellen Prognose ging das Bundesinnenministerium bisher von 800 000 Asylbewerbern in diesem Jahr aus. De Maizière will an diesem Montag den aktuellen Stand vorstellen. Eine Trendwende sieht er noch nicht. Es sei noch zu früh, um einzuschätzen, ob der aktuelle Rückgang der Flüchtlinge von Dauer sei.
Lewentz forderte den Bund auf, wie zugesagt 40 000 Erstaufnahmeplätze zur Verfügung zu stellen. Die anderen EU-Staaten müssten mehr Asylbewerber aufnehmen. Es könne nicht sein, dass andere Länder wie zuletzt Polen sagten: „Wir nehmen keine Flüchtlinge auf“, kritisierte er. „Die sind alle immer sehr schnell mit dabei, wenn es darum geht, aus Brüssel EU-Agrarsubventionen und andere Fördermöglichkeiten, die auch zu einem großen Teil aus deutschen Finanzquellen gespeist sind, entgegenzunehmen.“
Bis zum nächsten Sommer soll der geplante einheitliche Ausweis für alle Flüchtlinge in Deutschland flächendeckend eingeführt sein. Das Bundeskabinett will die Gesetzesvorgaben dazu am kommenden Mittwoch auf den Weg bringen.