Kämpferische Schavan bekommt Rückendeckung
Berlin/Düsseldorf (dpa) - Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) gibt sich in der Plagiatsaffäre kämpferisch: Die Vertraute von Kanzlerin Merkel will auch dann wieder für den Bundestag kandidieren, wenn der Fakultätsrat der Hochschule ein Verfahren zur Aberkennung ihres Doktortitels einleiten sollte.
Rückendeckung erhielt Schavan am Wochenende aus dem Kanzleramt und von den großen deutschen Wissenschaftsorganisationen.
Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ hat die Promotionskommission der Hochschule inzwischen den Vorwurf der absichtlichen Täuschung abgeschwächt. Gleichwohl halte das siebenköpfige Gremium an seiner Forderung nach Einleitung eines Verfahrens gegen Schavan fest. Schavan habe bei ihrer vor 33 Jahren eingereichten Doktorarbeit in Kauf genommen, mit ihrer Zitierweise gegen gängige Regeln wissenschaftlichen Arbeitens zu verstoßen.
Die Ministerin will in jedem Fall wieder in den Bundestag: „Ich trete am 25. Januar an. Das bin ich der Wissenschaft schuldig“, sagte die 57-Jährige der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Der Kreisgeschäftsführer in Schavans Bundestagswahlkreis Ulm/Alb-Donau, Thomas Schweizer, sagte der dpa: „Sie ist unangefochten Kandidatin für das Mandat.“ Laut „Spiegel“ steht auch Merkel fest zu ihrer Vertrauten. Ein Rücktritt Schavans komme nicht infrage.
Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen forderte die Beachtung wissenschaftlicher Kriterien bei der Prüfung von Schavans Doktorarbeit. „Verfahrensrechtliche Korrektheit“, wie dies der Universität Düsseldorf in einem jüngsten Rechtsgutachten bescheinigt werde, sei notwendige Voraussetzung, aber allein „keine hinreichende Bedingung, um die Entscheidung über die Aberkennung eines Doktorgrades zu begründen“, heißt es in der Erklärung der Allianz. In ihr arbeiten die Forschungsorganisationen, wie DFG und MPG, die Humboldt-Stiftung, der Wissenschaftsrat und die Hochschulrektorenkonferenz zusammen.
Zu einem ordentlichen Verfahren gehört laut Allianz „das Mehraugen-Prinzip, die Trennung von Begutachten, Bewerten und Entscheiden sowie eine angemessene Berücksichtigung des Entstehungskontextes“, heißt es mahnend in der Erklärung, die zum Teil auch als Kritik an der bisherigen Vorgehensweise der Uni zu verstehen ist. Eine inhaltliche Bewertung könne nur auf der Basis einschlägiger fachwissenschaftlicher Expertise vorgenommen werden.
Ähnliche Aussagen von einzelnen führenden Repräsentanten der deutschen Wissenschaft waren bereits zuvor als Parteinahme pro Schavan verstanden worden und hatten in der Hochschul- und Forschungsszene für heftige Dispute gesorgt.
Ob Schavan im Fall der Aberkennung des Doktortitels im Amt bleiben kann, ist unklar. In Koalitionskreisen heißt es, verliere Schavan ihren Doktortitel, sei sie im Kabinett schwer zu halten - auch mit Blick auf den nahenden Bundestagswahlkampf. Die Eröffnung eines Verfahrens sei aber noch kein Rücktrittsgrund.
Die Plagiatsvorwürfe waren im April 2012 anonym auf einer Internetplattform erhoben worden. Vorgeworfen wird Schavan, Quellen nicht vollständig aufgelistet und zum Teil „verschleiert“ zu haben. Auch geht es um wissenschaftliche Standardfragen - etwa wie weit eigene Gedanken und Erkenntnisgewinn von ähnlichen Ausführungen anderer Autoren abgegrenzt wurden.