Nach Anti-G20-Krawallen Kanzleramtschef Altmaier gibt Scholz Rückendeckung
Berlin/Hamburg (dpa) - Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hat Forderungen seiner Hamburger Parteikollegen nach einem Rücktritt von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zurückgewiesen.
„Ich kann keine Begründung erkennen, warum er zurücktreten sollte“, sagte Altmaier dem Sender NDR Info. Die CDU-Fraktion der Hansestadt hatte am Sonntag den Rücktritt von Scholz gefordert.
Für Altmaier gehe es nach den Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels aktuell nicht um die Frage einer parteipolitischen Auseinandersetzung, sondern um eine „Auseinandersetzung zwischen den Demokraten, die diesen Rechtsstaat verteidigen“, mit radikalen, autonomen, linksextremen Minderheiten, die den Rechtsstaat herausforderten.
Altmaier wandte sich gegen wechselseitige Schuldzuweisungen. „Der Bund und Hamburg haben gemeinsam diesen Gipfel vorbereitet, wir haben ihn gemeinsam geplant und durchgeführt“, sagte er vor Sitzungen der CDU-Spitzengremien am Montag in Berlin. „Deshalb ist es richtig, dass wir jetzt zusammenstehen und dass wir nicht davon ablenken, wer schuld ist - nämlich eine Gruppe von gewissenlosen Randalierern, die sich linksextrem nennen, in Wirklichkeit aber alles mit Füßen treten, was diesen Rechtsstaat ausmacht.“
Derweil wollen die Hamburger Behörden mit aller Härte die Gewalttäter und Verantwortlichen für die Krawalle zur Rechenschaft ziehen. Die Polizei richtet dafür eine Sonderkommission ein. Es gebe eine Unzahl von Hinweisen auf die Straftäter aus der Bevölkerung, sagte ein Mitarbeiter von Innensenator Andy Grote (SPD) am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die Menschen schickten Bilder von maskierten und unmaskierten mutmaßlichen Tätern. „Es ist eine Flut von Informationen, die jetzt durchermittelt werden müssen.“
Der unter Druck stehende Bürgermeister Scholz, der Rücktrittsforderungen zurückweist, hatte zuvor mehrfach harte Strafen für Gewalttäter gefordert. Im Schanzenviertel war es am Rande des Gipfels rund um das linksautonome Zentrum Rote Flora zu Plünderungen und Gewalttaten gekommen. Rund 500 Polizisten wurden verletzt.
Die Polizei richtete Infomobile für Geschädigte ein. Erste Anwohner kamen am Vormittag in das besonders von den Ausschreitungen betroffene Schanzenviertel, um sich bei der Anzeigenerstattung helfen zu lassen. Auch im Stadtteil Altona, wo Dutzende Autos gebrannt hatten, konnten sich Menschen Unterstützung und Beratung holen.
Innensenator Grote sagte NDR Info, symbolhafte Reaktionen wie Rücktrittsforderungen würden nicht weiterhelfen. Die Ursachen für die Gewalt lägen tiefer. „Wir müssen uns schon damit beschäftigen, wo kommt diese neue Qualität her. Wer hat auch dazu beigetragen, wer ist verantwortlich dafür? Wie kriegen wir die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen?“ Es gehe auch um Strukturen und die Frage, wer die Gewalttäter nach Hamburg eingeladen, beherbergt und bei ihren Taten gedeckt habe.
Scholz forderte Konsequenzen für die Anmelder der „gewalttätig ausgearteten Demonstrationen“. Auf die Frage, ob die Stadt die Rote Flora noch länger dulden könne, sagte er im Interview des „Hamburger Abendblatts“: „Auch das muss diskutiert werden. Wir werden genau sehen müssen, wer für was Verantwortung hat.“
Es sei billig, wenn Andreas Blechschmidt und Andreas Beuth von der Roten Flora, die die Donnerstags-Demo „Welcome to Hell“ angemeldet hatten, nun sagten, „dass die ausländischen Militanten auf sie nicht hören. Das wird Konsequenzen für die Zukunft haben. Ich hoffe, dass denen keiner mehr ein Stück Brot abkauft“, sagte Scholz der Zeitung.
Die rot-grüne Koalition in der Hansestadt sieht der SPD-Vize nicht gefährdet. Es gebe keine Senatskrise. Es gebe zwar unterschiedliche Auffassungen etwa zu den Protestcamps auf öffentlichen Grünflächen. „In dieser Frage waren wir unterschiedlicher Meinung, aber es ist akzeptiert worden, dass die Verantwortung beim Bürgermeister und beim Innensenator liegt“, sagte Scholz in Richtung der Grünen.
Für Scholz (SPD) sind die Krawalle das Schlimmste, was ihm als Regierungschef bislang widerfahren ist. „Das ist die schwerste Stunde, ganz sicher“, sagte Scholz. Es sei eine schwierige Situation für die Stadt. „Natürlich geht es mir da nicht gut.“