Politiker Kanzlerkandidat der Union 2017: Merkel, Seehofer - oder wer?

Der Streit um die Flüchtlingspolitik lässt den Stern der Kanzlerin sinken - ein Blick auf mögliche Nachfolger.

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Berlin. Gewählt wird erst im Herbst kommenden Jahres, doch für CSU-Chef Horst Seehofer steht schon fest: die nächste Bundestagswahl wird eine "von existenzieller Bedeutung" für die Unionsparteien, wie er am Wochenende erklärte. Damit auch für Angela Merkel. Allerdings verfestigt sich im Moment der Eindruck, dass Merkel den Zenit ihrer Kanzlerschaft bereits überschritten hat. Herrscht sogar Kanzlerinnendämmerung in Berlin?

Noch ist kein Aufstand in Sicht, noch rechnen die meisten im Berliner Politbetrieb damit, dass Merkel im Dezember auf dem CDU-Parteitag in Essen ihre erneute Kanzlerkandidatur verkünden wird. Doch Politik ist ein extrem dynamischer Prozess, wenn die Macht zu zerbröseln beginnt, ist das fast immer der Anfang vom Ende.

Merkels Stern ist in den letzten Monaten gesunken: Ihre Umfragewerte sind gefallen, sie hängt in der Flüchtlingspolitik am Gängelband der CSU und die AfD hat auch der Union massiv Wähler abgejagt. Absetzbewegungen von der Kanzlerin sind auch in der CDU zu beobachten. Wer könnte Merkel also in Amt und Würden folgen, falls sie den Zerfallsprozess nicht mehr gestoppt bekommt?

Horst Seehofer. Nach einer neuen Umfrage glauben 42 Prozent der Bundesbürger, dass der Bayer als Kanzlerkandidat erfolgreicher wäre, 52 Prozent meinen das nicht. Möglich ist, dass Seehofer als Spitzenkandidat der CSU bei der Bundestagswahl antritt und dann nach einem Wahlsieg einen engen Vertrauten in einem neuen Merkel-Kabinett installiert, dem das Thema Einwanderung zufällt. Aus Seehofers Umfeld ist zu hören, er wisse, wie schwer es für CSU-Politiker in einem bundesweiten Rennen ist. Seehofer als Kanzler oder Kandidat - Wahrscheinlichkeit: gering.

Wolfgang Schäuble. Wer Schäubles Rede am letzten Dienstag zur Etateinbringung im Bundestag gehört hat, weiß, dass er als Alternative zu Merkel bereit stünde. Es war der großen Bogen, den Schäuble mit Leidenschaft im Stile eines Regierungschefs skizzierte. Schäuble genießt hohes Ansehen und steht für klare Kante. Mehrfach hat er Merkel für ihre Flüchtlingspolitik scharf kritisiert. Er ist freilich 73 Jahre alt. Schäuble als Übergangskanzler im Fall der Fälle - Wahrscheinlichkeit: groß.

Ursula von der Leyen. Die Verteidigungsministerin ist auffallend zurückhaltend in diesen turbulenten Wochen und konzentriert sich voll auf ihr Ressort. Das ist taktisch klug. Früher machte sie aus ihrer Berufung zu noch Höherem kein Hehl, das hat ihr innerparteilich Kritik eingebracht. Deswegen geht sie nun den eher leiseren Weg. Sie ist eine der Kronprinzessinnen Merkels. Kanzlerin oder Kandidatin von der Leyen - Wahrscheinlichkeit: auf längere Sicht hoch.

Thomas de Maizière. Der Innenminister war in der Flüchtlingskrise der politische Unglücksrabe, ihm unterliefen viele Fehler, er erntete viel Kritik. In der Union hat sich der Eindruck verfestigt, dass er Kanzler nicht kann. Im internen Wettbewerb um Merkels Erbe hat er sich dadurch selbst aus dem Rennen genommen, auch wenn er viele Freunde in der Fraktion hat. Kanzler oder Kandidat de Maizière - Wahrscheinlichkeit: null.

Annegret Kramp-Karrenbauer. Vier Ministerpräsidenten stellt die CDU noch, mehr nicht. Die saarländische Regierungschefin ist eine davon, sie hat an ihrem Ruf und ihrem Image in den letzten Jahren mächtig gefeilt. Inzwischen gehört sie zu den starken und anerkannten Stimmen in der Union. Gleichwohl ist Kramp-Karrenbauers bundesweiter Bekanntheitsgrad nicht hoch. Kanzlerin oder Kandidatin Kramp-Karrenbauer - Wahrscheinlichkeit: auf längere Sicht möglich.

Julia Klöckner. Die Rheinland-Pfälzerin und Merkel-Stellvertreterin im CDU-Vorsitz galt lange Zeit als die Hoffnungsträgerin der Union. Doch seit sie entgegen aller Erwartungen die Landtagswahl im März nicht gewonnen hat, ist die Merkel-Nachfolge für sie in weite Ferne gerückt. Kanzlerin oder Kandidatin Klöckner - Wahrscheinlichkeit: nur auf ganz, ganz lange Sicht möglich.