Königshaus beklagt schlechte Stimmung in der Truppe
Berlin (dpa) - Die Bundeswehrreform drückt auf die Stimmung in der Truppe. Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus beklagte bei der Vorstellung seines Jahresberichts, dass bei fast allen Dienstgraden eine tiefgreifende Verunsicherung zu spüren sei.
Er forderte, den Soldatenberuf attraktiver zu machen, und warnte vor Spardiktaten zulasten der Soldaten.
Bei der Ausrüstung im Einsatz mahnte Königshaus weitere Verbesserungen an: Es fehlten vor allem Hubschrauber, Handfeuerwaffen und Munition für die Ausbildung sowie Geräte zum Entschärfen von Sprengfallen.
Der Jahresbericht 2011 ist der erste, der die Folgen der Bundeswehrreform aufgreift. Im Juli wurde die Wehrpflicht ausgesetzt. Darüber hinaus traf Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) im Laufe des Jahres alle wichtigen Entscheidungen zur Neustrukturierung der Streitkräfte. Die Detailplanung steht aber noch aus. Unklar ist zum Beispiel weiterhin, wieviele Soldaten wegen Standortschließungen und Verkleinerungen umziehen müssen.
Königshaus beklagte, dass sein Vorschlag einer regionalen Konzentration der Standorte bei der Reform nicht aufgegriffen wurde. Der Wehrbeauftragte wollte so die weit verbreitete Pendelei zwischen Wohn- und Dienstorten einschränken. 70 Prozent der Soldaten seien inzwischen Pendler, sagte er.
Zu Frust führe auch der Beförderungsstau bei der Bundeswehr, so Königshaus. Er forderte zusätzliche Anstrengungen, um die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver zu machen: „Auch wenn die Zahl der Bewerber für den freiwilligen Dienst in den Streitkräften nach Angaben des Ministeriums derzeit noch ausreichend ist - die allgemeinen Rahmenbedingungen für den Dienst sind es nicht.“
Die Bundeswehr wird im Zuge der Reform von ursprünglich 250 000 auf 175 000 bis 185 000 Soldaten verkleinert. Die Zahl der Zivilbeschäftigten soll von 76 000 auf 55 000 sinken, zahlreiche Standorte werden geschlossen oder verkleinert.
Die Ausrüstung der Bundeswehr im Einsatz hatte Königshaus in der Vergangenheit immer wieder scharf kritisiert. Inzwischen sieht er Fortschritte bei der Bewaffnung der Afghanistan-Truppe und der Ausstattung mit geschützten Fahrzeugen. Für hoch problematisch hält er aber den Mangel an Hubschraubern. Die Zahl der teilweise mehr als 40 Jahre alten CH-53-Transporthubschrauber der Bundeswehr in Afghanistan sei von acht auf sechs sogar noch verringert worden. Bei Rettungseinsätzen mit Sanitätshubschraubern sei die Bundeswehr ganz auf ihre amerikanischen Verbündeten angewiesen.
Auch das neue System zur Entschärfung von Sprengfallen aus gepanzerten Fahrzeugen heraus ist nach Angaben des Wehrbeauftragten noch nicht voll einsatzfähig. Am Straßenrand vergrabene Bomben stellen die größte Gefahr für die Bundeswehr in Afghanistan dar.
Die Zahl rechtsextremistischer Vorfälle in der Bundeswehr ging im vergangenen Jahr erneut deutlich zurück. Bei den 63 Fällen habe es sich fast ausschließlich um Propagandadelikte gehandelt, etwa das Hören rechtsextremistischer Musik, das Zeigen des Hitlergrußes oder Sieg-Heil-Rufe, heißt es im Jahresbericht. Im Vorjahr 2010 wurden 82 Fälle gezählt, 2009 waren es noch 122.
„Bei den Tätern konnten oft keine eindeutigen rechtsextremistischen Motive festgestellt werden“, heißt es im Bericht. „Insbesondere jungen Mannschaftssoldaten fehlte in vielen Fällen die nötige Reife, ihr unbotmäßiges Handeln zu erkennen.“ Bedenklich sei allerdings, dass vereinzelt auch Unteroffiziere auffällig geworden seien.