Linken-Parteitag: Spannung vor Gysi-Rede
Bielefeld (dpa) - In der Debatte über Rot-Rot-Grün auf Bundesebene nach 2017 hat die Linke klare Grenzen ihrer Kompromissbereitschaft aufgezeigt.
Beim Bundesparteitag in Bielefeld setzte sich die Parteivorsitzende Katja Kipping mit der Forderung nach einem konsequent linken Programm von Fraktionschef Gregor Gysi ab.
Der 67-Jährige will heute bekanntgeben, ob er im Herbst noch einmal für den Posten kandidiert. Gysi verlangt für die Regierungsfähigkeit der Linken Zugeständnisse an SPD und Grüne.
Kipping mahnte ein Nein zu allen „Kriegseinsätzen“ der Bundeswehr sowie zu weiteren Sozialkürzungen an. „Ja, wir wollen die Machtfrage stellen. Aber wir wollen sie wirklich stellen. Und das heißt, wir wollen sie anhand von inhaltlichen Kriterien stellen.“ Als Modell für eine rot-rot-grüne Zusammenarbeit schlug Kipping den Widerstand gegen das Freihandelsabkommen TTIP vor: Mit ihrer „Verhinderungsmehrheit“ im Bundestag könnten SPD und Grüne „gemeinsam mit uns diesen fundamentalen Angriff auf die Demokratie stoppen“.
Zugleich warf die Linke der SPD aber auch eine „neoliberale Krisenpolitik“ vor. Mit Blick auf Griechenland heißt es in einem Leitantrag, der mit großer Mehrheit verabschiedet wurde: „Immer mehr Menschen fragen sich, wofür die Sozialdemokratie noch gebraucht wird, wenn sie keine sozialen Alternativen zur neoliberalen Politik formuliert.“
Auch in der Beurteilung der Ukraine-Krise setzt sich die Linke weiter von SPD und Grünen ab: „Die Nato mit ihrer Politik der Osterweiterung und die USA, die auf eine geopolitische Schwächung Russlands und die globale Expansion von US-Militärbasen setzen, haben wesentlich zum Krieg beigetragen.“ Der einzige Ministerpräsident der Linken, Bodo Ramelow aus Thüringen, mahnte seine Partei: „Regieren ist kein Selbstzweck. Nicht regieren ist auch kein Selbstzweck.“
Mit Spannung wurde die Erklärung der Linke-Galionsfigur Gysi erwartet. In der mit 64 Mandaten größten Oppositionspartei im Bundestag wird seit Wochen über seine politischen Pläne spekuliert. Er ließ auch offen, ob er im Herbst nach zehn Jahren als Linke-Fraktionschef nochmals antritt.
Parteichef Bernd Riexinger brachte erneut die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Parteilinke Sahra Wagenknecht ins Spiel. Sie hatte vor drei Monaten ihre Kandidatur für den parlamentarischen Chefposten mit der Begründung abgesagt, es mangele ihr an Rückhalt in der Fraktion. Wagenknecht könnte zusammen mit Dietmar Bartsch eine Doppelspitze in der Linksfraktion bilden.
Der zu den Reformern zählende Bartsch mahnte, auf Flügelkämpfe zu verzichten: „Unser Erfolg ist der Erfolg aller Flügel der Partei. Unsere Politik braucht ganz viel roten Pfeffer.“ Wagenknecht hatte sich erst vor kurzem erneut gegen ein Bündnis mit der SPD unter Führung des derzeitigen Parteichefs Sigmar Gabriel ausgesprochen.