Mehrheit will Reformen in Katholischer Kirche

Berlin (dpa) - Knapp vier Wochen vor dem Besuch von Papst Benedikt XVI. in seinem Heimatland wünscht sich eine Mehrheit der Katholiken wie der Deutschen insgesamt tiefgreifende Kirchenreformen. Dies ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungs-Instituts YouGov im Auftrag der dpa.

Angesichts der tiefen Krise, in der die Katholische Kirche spätestens nach dem Missbrauchsskandal 2010 steckt, sind mehr als die Hälfte aller Befragten (52 Prozent) wie auch der Katholiken (53 Prozent) für die Abschaffung des Pflichtzölibats für Kleriker - und dafür, Frauen die Priesterweihe zu ermöglichen, um dem Priestermangel zu begegnen. Weitere 24 Prozent - insgesamt wie unter den Katholiken - sprachen sich dafür aus, zumindest den Zölibat abzuschaffen.

Die Begeisterung der Deutschen für den Papstbesuch in Berlin, Erfurt, dem Thüringer Eichsfeld und Freiburg hält sich laut Umfrage in Grenzen. Nur knapp ein Drittel (31,1 Prozent) finden gut, dass der Papst vom 22. bis 25. September in sein Heimatland kommt. 8,1 Prozent bewerten die Visite als schlecht. Der übergroße Teil der Bundesbürger - gut 60 Prozent - finden sie weder gut noch schlecht oder haben keine Meinung.

Weitere Umfrageresultate: Die deutliche Mehrheit der Befragten wünscht sich eine Begegnung des Papstes mit Missbrauchsopfern. Nur wenige verbinden mit dem Besuch die Hoffnung auf Fortschritte in der Ökumene, also der Zusammenarbeit von Katholischer und Evangelischer Kirche.

Laut Umfrage finden 49 Prozent der Katholiken den Papstbesuch gut, zudem 30 Prozent der Protestanten. Selbst unter den Konfessionslosen - die erwartungsgemäß dem Besuch überwiegend gleichgültig gegenüberstehen - gibt es mehr Zustimmung als Ablehnung: Ein Fünftel (20 Prozent) kann ihm etwas Positives abgewinnen, 12 Prozent sehen die Visite negativ. Zudem nimmt die Papst-Begeisterung der Deutschen mit wachsendem Alter ab.

In Bezug auf die Ökumene, über die Benedikt in Erfurt mit Vertretern der Evangelischen Kirche sprechen will, scheint sich der Umfrage zufolge Resignation breitzumachen. 75 Prozent glauben nicht, dass sich am relativen Stillstand in vielen ökumenischen Fragen - etwa dem Wunsch vieler Christen nach einem gemeinsamen Abendmahl - durch den Papstbesuch etwas ändert. Nur 7 Prozent glauben daran. Bei den Protestanten ist die Skepsis mit 80 Prozent dabei noch etwas größer als bei den Katholiken (72 Prozent).

Dazu passt die Einschätzung des Sekretärs der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer. Es gebe bei der Ökumene offene Fragen „und keine Spielräume für rasche, publikumswirksame Entscheidungen“, sagte er dem Magazin „Focus“.

Ein Treffen des Pontifex mit Missbrauchsopfern halten zwei Drittel der Befragten (65,9 Prozent) für wichtig. Dem Vernehmen nach plant Benedikt eine solche Begegnung zumindest als symbolische Geste, Details sind aber nicht bekannt.