Metzger bittet zum Probearbeiten
Das soziale Verhalten ist dem Erkrather Dirk Hanten wichtiger als gute Schulnoten.
Erkrath. Laura Hartenfels (20) steht hinter der Theke in der Erkrather Metzgerei Hanten. Freundlich bedient sie die Kunden. Vor einer Woche hat sie ihre Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin begonnen — mit zwei weiteren jungen Frauen. Daniel Dorn (22) bereitet derweil mit René Becker (19), Azubi im dritten Lehrjahr, Frikadellen zu. Sie wollen Fleischer werden.
„In diesem Jahr habe ich erstmals vier Auszubildende eingestellt“, sagt Metzgereibesitzer Dirk Hanten (38). „Es ist wichtig, dass man die jungen Leute ausbildet, sie werden auf dem Arbeitsmarkt gebraucht.“ Doch so leicht ist das gar nicht. „Das Handwerk hat ein schlechtes Image.“
Hanten muss sich deshalb stets bemühen, überhaupt Auszubildende zu finden. „Ich würde es begrüßen, wenn es in den Schulen mehr Betriebspraktika gäbe, nur so können sich Schüler orientieren.“
Viele junge Menschen sind nicht ausreichend informiert, was die Ausbildungsberufe angeht, bestätigt Reinhold Weiß, stellvertretender Präsident vom Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn. Bei Hanten müssen Bewerber Probearbeiten. „Man weiß sonst nicht, was in dem Beruf genau gemacht wird“, sagt Lehrling Hartenfels.
Wer sich im Praktikum bemühe, freundlich sei und ins Team passt, den schickt Hanten nicht weg. Das soziale Verhalten ist ihm wichtig, auf Schulnoten schaut der Metzger nur bedingt. „Es ist möglich, dass jemand gut anpackt, obwohl er nicht perfekt liest und schreibt.“ Entsetzt ist er dennoch, wenn er Bewerbungen erhält, die auf Zettel gekritzelt wurden.
Über schlechte Bewerber klagen immer mehr Betriebe. Man dürfe nicht pauschalisieren, aber gerade junge Menschen, die jetzt noch eine Stelle suchen, haben häufig Defizite im schulischen Bereich, sagt Arnd Thierfelder, Weiterbildungsleiter der IHK Mittlerer Niederrhein in Krefeld.
„Da geht es um lesen, rechnen, schreiben, aber auch um das Sozialverhalten.“ Betriebe würden mitunter Abstriche machen. „Einige wählen Bewerber, die nicht alle Anforderungen erfüllen und fördern sie während der Ausbildung.“ Manche Betriebe verlängern die Ausbildung um ein halbes Jahr.
Dank der geburtenschwachen Jahrgänge hat sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt entspannt. So kommen laut Weiß jetzt auch Bewerber zum Zug, die in den vergangenen Jahren Probleme hatten, eine Lehrstelle zu finden. „Betriebe müssen sehen, dass sie für die jungen Leute attraktiv bleiben, damit sie künftig geeignete Bewerber finden.“
Das trifft aber nicht überall zu. Bei den kaufmännischen Berufen herrscht weiter ein Wettbewerb unter den Bewerbern. Bei der Stadtsparkasse Düsseldorf etwa haben sich auf 58 Ausbildungsplätze 1000 junge Menschen beworben. „Unsere Kriterien sind streng, grundsätzlich nehmen wir Abiturienten oder sehr gute Realschüler“, sagt Stadtsparkassen-Sprecher Wolfgang Claßen.
„Wir haben immer noch eine sehr gute Auswahl“, sagt auch Barbara Weber. Sie ist beim Automobil-Zulieferer Federal-Mogul in Burscheid für die kaufmännischen Auszubildenden verantwortlich.