Feuer und Zorn Michael Wolff: Der Spion aus dem Weißen Haus

Köln (dpa) - Es ist ein ganz unwahrscheinlicher Weg zu dem Mann, der Donald Trump ausspioniert hat. Eine kleine Straße in der Kölner Südstadt. Hinterhof, Treppe rauf, Gang durch, hinterste Tür. Tatsächlich, da ist er: kahler Schädel, schwarze Hornbrille, dunkles Sakko.

Foto: dpa

Er trinkt Cappuccino in kleinen Schlückchen, knabbert Gebäck und hängt ein wenig ermattet auf seinem Stuhl. Wenn er da so sitzt in den Büros des Kölner Literaturfestivals Lit.Cologne, dieser kleine ältere Herr, dann mag man durchaus glauben, dass niemand im Weißen Haus Michael Wolff für eine Gefahr gehalten hat.

Wobei man geteilter Meinung darüber sein kann, wie gefährlich Wolffs Buch „Feuer und Zorn“ für Donald Trump wirklich ist. Natürlich, der 480-Seiten-Band zeichnet ein verheerendes Bild des Präsidenten - die Kernthese lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der Mann ist noch viel dümmer als gedacht. Daran ergötzen sich auch in Deutschland die Besucher von Wolffs Lesungen, zuletzt bei einer vorgezogenen Sonderveranstaltung der Lit.Cologne. Doch schadet ihm das? Seine Anhänger werden das Buch wahrscheinlich nicht lesen.

Um für sein Buch Reklame zu machen, hat Wolff gerade mehrere europäische Länder besucht, „alle relevanten Märkte“, wie er es formuliert. Doch unterdessen wird Washington längst von anderen Themen dominiert. „Feuer und Zorn - Im Weißen Haus von Donald Trump“ wirkt wie das Buch zur ersten Staffel einer Soap, deren Zuschauer mittlerweile viel weiter sind. So geht es in dem Buch fast auf jeder Seite um Steve Bannon, der bekanntlich längst in der Versenkung verschwunden ist.

Wolff gehört nicht zur Riege der politischen Korrespondenten in Washington und war bis zum Erscheinen seines Buches auch nicht als Trump-Kritiker aufgefallen. Das ist wohl der Grund dafür, dass man ihn einfach so hereinließ und dann irgendwie vergaß. Er habe keine Tricks angewandt, beteuert er im Gespräch. „Wäre es aber nötig gewesen, hätte ich auch das getan.“

Wolff schildert Trump als einen Präsidenten, der nicht liest und nicht zuhört, der im Grunde die Arbeit verweigert, höchstens ein wenig repräsentiert. Der Umzug ins Weiße Haus sei für ihn ein Schock gewesen, weil er nie damit gerechnet habe, zu gewinnen.

„Wir haben hier einen Mann, der 71 Jahre alt ist“, holt Wolff aus. „Er hat seit den 1980er Jahren in derselben Wohnung geschlafen, den gleichen Weg ins Büro genommen. Die Möbel in seinem Büro haben sich nicht verändert. Und dann passiert ihm plötzlich diese Sache. Er findet sich im Weißen Haus wieder und muss sein Leben neu aufbauen. Ich glaube nicht, dass er das kann.“

„Aufschwung“ steht auf einem Plakat, das hinter Michael Wolff hängt. In Amerika gibt es zurzeit einen Aufschwung von Format, die Wirtschaft brummt. Wie verträgt sich das mit einem Präsidenten, der nichts tut? „Tja“, sagt Wolff, „eine der Lehren hieraus könnte sein, dass es eben nicht der Präsident ist, der Amerika regiert. Dass wir dem Präsidenten zu viel Gewicht beimessen.“

Michael Wolff wird wohl noch lange davon berichten, wie er sich bei Donald Trump einschlich und Mäuschen spielte. Wenn er jetzt nach Amerika zurückfliegt, steht gleich die nächste große Lesereise an. Vielleicht wird er für den Rest seines Lebens davon erzählen.

Frage: „War das Ihr letztes Buch? Vermutlich wird niemand mehr mit Ihnen reden wollen.“ Er lächelt. „People are people“, sagt er. Menschen bleiben Menschen. Was in diesem Fall wohl heißt: Irgendwann reden sie doch wieder. Aus Berechnung. Aus Rachsucht. Vielleicht auch nur aus Langeweile. Aber irgendwann kommt der Moment. Und dann wird Michael Wolff ganz Ohr sein.

Michael Wolff: Feuer und Zorn - Im Weißen Haus von Donald Trump, Rowohlt Verlag, 480 Seiten, 19,95 Euro, ISBN-13: 978-3498094652