Mindestlohn-Streit in der FDP

Berlin (dpa) - Vor dem Parteitag wächst in der FDP die Kritik an der Mindestlohn-Strategie des Vorsitzenden Philipp Rösler. Er will am Wochenende beim Treffen in Nürnberg im Wahlprogramm eine moderate Öffnung für Lohnuntergrenzen in weiteren Branchen durchsetzen.

Röslers Stellvertreter, Sachsens FDP-Landeschef Holger Zastrow, sagte am Donnerstag der „Stuttgarter Zeitung“ über diesen Kurs: „Das ist eine Sichtweise, die den Praxistest nicht besteht.“

Mindestlöhne seien vor allem in ostdeutschen Regionen und Branchen gefährlich: „Wir dürfen als FDP kein Arbeitsplatzvernichtungsprogramm für Ostdeutschland beschließen“, sagte Zastrow. Die FDP habe schon zu viele Kernpositionen zu hastig geräumt. „Irgendwann reicht es auch mal. Wir sind keine Stimmungspartei, sondern Überzeugungstäter.“

Die Parteispitze will weitere Lohnuntergrenzen erlauben, aber unter Federführung von Gewerkschaften und Arbeitgebern (Tarifautonomie). Dazu sollen entsprechende Gesetze ausgeweitet werden. Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn wird aber abgelehnt.

FDP-Präsidiumsmitglied Wolfgang Kubicki verteidigte Röslers Kurs. Den Kritikern warf er vor, beim Mindestlohn dogmatisch zu argumentieren. „Es wird heftige Debatten geben. Leider haben wir bei uns einige Hardliner, gerade bei den Jungen Liberalen“, sagte Kubicki „Focus Online“.

Der Vorsitzende des FDP-Nachwuchses, Juli-Chef Lasse Becker, konterte in der „Welt“: „Egal ob man Mindestlöhne jetzt in der FDP Lohnuntergrenzen nennt: Sie bleiben falsch und drängen junge Menschen und schlechter Ausgebildete in die Arbeitslosigkeit.“

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler warnte vor einem Profilverlust. „Die FDP muss Kante zeigen und den Rücken gerademachen. Wenn wir alle strittigen Themen abräumen, werden wir dadurch nicht beliebt, sondern beliebig.“

In Nürnberg will die FDP ihr Programm für die Bundestagswahl am 22. September beschließen. Kernpunkte sind die Sanierung der Staatsfinanzen, ein stabiler Euro und mögliche Entlastungen der Bürger. Die Liberalen wollen die Koalition mit der CDU/CSU fortsetzen. Spitzenkandidat Rainer Brüderle fürchtet nicht, dass die Union zu den Grünen überläuft. „Bei Schwarz-Grün verliert die Union ihre Seele“, sagte Brüderle der „Bild“-Zeitung.