Mitgliederschwund bei Gewerkschaften fast gestoppt

Berlin (dpa) - Der Mitgliederschwund bei den Gewerkschaften ist 2010 fast zum Stillstand gekommen. Einzelne kleinere Organisationen wie die NGG oder die GEW freuen sich sogar über bescheidenen Zuwachs.

„Trotz Krise und demografischer Entwicklung ist es gelungen, die Mitgliederzahlen bei 6,2 Millionen zu konsolidieren und zu stabilisieren“, sagte der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, am Donnerstag in Berlin.

Zur Jahrtausendwende hatten die Gewerkschaften noch gut 8,2 Millionen Mitglieder. Sommer kündigte für den 24. Februar einen bundesweiten Aktionstag für faire Löhne und gegen Missbrauch der Leiharbeit an.

Der jahrelange massive Aderlass hat mehrere Gründe: Die zwischendurch stark gestiegene Arbeitslosigkeit ließ viele Mitglieder austreten, der hohe Anteil Älterer - Sommer sprach von einer „überalterten Mitgliederbasis“ - führte dazu, dass den Gewerkschaften mehr Leute wegstarben als junge Mitglieder dazu kamen. Auch gaben viele Rentner ihren Mitgliedsausweis zurück.

Im vergangenen Jahr traten laut Sommer täglich 750 Beschäftigte in eine DGB-Gewerkschaft ein: „So konnten wir fast alle altersbedingten Verluste ausgleichen.“ Zulauf auch von jungen Leuten gebe es nicht zuletzt wegen der von den Gewerkschaften maßgeblich mitgetragenen Politik zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise, mit der - etwa durch Kurzarbeit - massenhafte Entlassungen vermieden werden konnten.

Nach den noch vorläufigen Ergebnissen - es fehlen noch die endgültigen Zahlen etwa der IG Metall - büßten die acht DGB- Einzelgewerkschaften 2010 etwa 60 000 bis 80 000 Mitglieder ein. In der Vergangenheit lag der Schwund in der Spitze bei bis zu 360 000 pro Jahr.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verzeichnete unter dem Strich laut „Tagespiegel“ ein Minus von knapp 44 000 auf knapp 2,1 Millionen Mitglieder. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gewann mehr als 2000 Mitglieder hinzu und vertritt nun 260 000 Lehrer, Erzieher und Wissenschaftler. Die Gewerkschaft Nahrung- Genuss-Gaststätten (NGG) meldete einen Zuwachs um 0,5 Prozent auf 205 646 Mitglieder.

Als Arbeitsschwerpunkt kündigte Sommer für dieses Jahr den Kampf für gute Arbeit und sichere Arbeitsplätze an. Deutschland brauche „keinen Discount-Arbeitsmarkt, sondern faire Bezahlung und einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro“. „Die Gewerkschaften werden nicht eher ruhen, bis wir in der Leiharbeit - vom ersten Tag an - das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort" durchgesetzt haben“, sagte Sommer. Zur zentralen Kundgebung am 1. Mai ruft der DGB seine Mitglieder in diesem Jahr nach Kassel.