Müssen Sportler sich bekennen?
Eine Extremismusklausel wird schon länger debattiert.
Berlin. Die Debatte über den Fall der deutschen Ruderin Nadja Drygalla schlägt immer höhere Wellen. Im Bundesinnenministerium wird schon länger darüber nachgedacht, ein „Demokratiebekenntnis“ in die Förderrichtlinien für Spitzensportler aufzunehmen.
Mit großer Aufmerksamkeit ist in diesem Zusammenhang die Intervention Bundesverteidigungsministers Thomas de Maizières (CDU) registriert worden. Er hatte beim Besuch der Olympischen Spiele in London gefragt: „Steht es uns als Öffentlichkeit wirklich zu, den Freundeskreis von Sportlerinnen und Sportlern zu screenen“, also zu durchleuchten? Der Verteidigungsminister, der auch für Sportförderung der Bundeswehr zuständig ist, werde einen eventuellen Antrag der 23-Jährigen auf Sportförderung der Bundeswehr „in Ruhe prüfen“.
Das Bundesinnenministerium, das auch den Sport in seiner Verantwortung hat, debattiert nun seit sieben Monaten über die Frage, ob eine Extremismus-Klausel hilfreich wäre. Mit ihr sollten die Leistungsempfänger und Vereine sich zum Bekenntnis für die freiheitliche Demokratie und gegen Extremismus und Fremdenhass verpflichten.
Eine solche Klausel ist 2011 im Bundesfamilienministerium entwickelt worden. Sie verlangt von allen gesellschaftlichen Initiativen, die staatlich gefördert werden wollen, ein verbindliches Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie. Trotz massiver Proteste von betroffenen Vereinen und Verbänden blieb die Bundesregierung bei ihrer Haltung, mit der man das Problembewusstsein in der Gesellschaft für den Extremismus stärken wollte.
Das Problem geht über den Fall Drygalla weit hinaus: Die Neonazis rekrutieren sehr häufig Nachwuchs aus kleinen und ländlichen Sportvereinen. Wer sich in kleinen Vereinen um ein Ehrenamt bemühe, werde sehr herzlich aufgenommen. Auf die politische Gesinnung achte niemand so richtig, weiß der Sportsoziologe Gunter Pilz. Die Vereine seien oft durch politische Gleichgültigkeit geprägt.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte, er werde gegen alle Maßnahmen votieren, die „in das System der Gesinnungsschnüffelei zurückfallen“. Ähnlich argumentiert auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD). Es sei eine rein private Angelegenheit der Athletin, mit wem sie privaten Umgang pflege.