Nato und Russland streiten weiter um Raketenabwehr
Brüssel (dpa) - Russland und die Nato reden über die Raketenabwehr. Aber sie reden aneinander vorbei. Beim Außenministertreffen in Brüssel konnte die eine Seite nicht verstehen, warum die andere sie nicht versteht.
„Über die Raketenabwehr sind wir uns noch nicht einig“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nach Gesprächen der 28 Nato-Außenminister mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow am Donnerstag in Brüssel. Lawrow wiederholte Russlands Drohung mit Gegenmaßnahmen. „Wenn unsere Sorgen nicht berücksichtigt werden, dann werden wir in jedem Stadium der Umsetzung der Raketenabwehr angemessen reagieren“, sagte Lawrow.
US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, die Nato halte ungeachtet russischer Einwände an der Raketenabwehr fest. „Wir werden die Arbeiten an der Raketenabwehr fortsetzen.“ Sie warnte Russland: „Unser System kann und wird Russlands strategische Abschreckungskraft nicht berühren. Es berührt nicht unser strategisches Gleichgewicht mit Russland und ist ganz sicherlich kein Grund für militärische Gegenmaßnahmen.“ Am Mittwoch hatte Russland die Stationierung von Flugabwehrraketen an seiner Westgrenze angekündigt.
Die Raketenabwehr sei „nicht gegen Russland gerichtet, hat mit Russland nichts zu tun“, sagte Clinton. „Es geht, offen gesagt, um den Iran und andere Staaten, die Raketentechnologie zu entwickeln versuchen.“ Clinton betonte: „Kein Nato-Partner wird irgendeinem Land außerhalb des Bündnisses ein Vetorecht über die Frage zubilligen, ob die Nato sich selbst mit einem Raketenabwehrschild gegen jene Bedrohungen schützen darf, die wir für besonders akut halten.“
Rasmussen sagte, die Nato wolle weiterhin nach einer Lösung des Streits mit Russland suchen. „Wir sind alle einig, dass wir es weiterhin versuchen sollten, dass wir weiterhin miteinander reden müssen“, sagte Rasmussen. Die Nato nehme Russlands Bedenken gegen die Raketenabwehr ernst: „Deswegen haben wir noch einmal bekräftigt, dass sich die Abwehr nicht gegen Russland richtet, und wir haben Russland zur Zusammenarbeit eingeladen.“ Könne man sich in dieser Frage einigen, so werde das „unsere Beziehung auf ein neues Niveau bringen.“
Lawrow beharrte auf „klaren Garantien“ und „rechtlich verbindlichen Vereinbarungen“: „Gute Absichten kommen und gehen, während militärische Fähigkeiten bleiben.“ Es müsse verbindlich und objektiv festgelegt werden, dass es bei der Raketenabwehr nur um Raketen gehe, die nicht in Europa abgefeuert werden.
Er warf der Nato Missachtung russischer Bedenken vor: „Als wir Änderungen vorgeschlagen haben, hat man uns gesagt, es gebe bereits einen Plan, an dem wir teilnehmen könnten. Wir hätten gerne etwas mehr Respekt für unsere intellektuellen Fähigkeiten.“
Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte, die Hauptaufgabe für die Nato und Russland sei die Vertrauensbildung. „Deutschland will, dass der Gesprächsfaden fester und nicht gefährdet wird, sagte der Minister. „Wir wollen, dass die Türen nicht zugeschlagen werden, sondern offenbleiben. Wir wollen, dass die gemeinsamen Sicherheitsstrategien ausgebaut und nicht abgebaut werden.“ Es gebe eine „rhetorische Verhärtung“. Diese dürfe aber nicht davon ablenken, dass das Ziel von „kooperativer Sicherheit“ weiter verfolgt werden müsse: „Es wird in Europa keine Sicherheit gegen Russland, sondern nur mit Russland geben.“
Clinton wies Äußerungen des russischen Regierungschefs Wladimir Putin zurück, sie habe sich mit ihrer Kritik am Ergebnis der Parlamentswahl in innere Angelegenheiten Russlands eingemischt. „Die USA und andere fühlen sich Demokratie und Menschenrechten verpflichtet, das sind unsere Werte“, sagte die Ministerin. „Und wir haben Sorgen hinsichtlich der Wahlen geäußert, die unserer Ansicht nach sehr gut begründet sind.“