Neue Führung der Piratenpartei will aus Fehlern lernen
Bremen (dpa) - Mit einer neuen Führung will die Piratenpartei gut zwei Monate nach der schweren Schlappe bei der Bundestagswahl wieder in die Offensive kommen.
Auf dem Bundesparteitag in Bremen wählten die rund 1000 Mitglieder am Samstag Thorsten Wirth (45) aus Frankfurt am Main zum neuen Vorsitzenden. Zur Stellvertreterin wurde Caro Mahn-Gauseweg (32) aus Sachsen bestimmt.
Wirth, der schon einmal Beisitzer im Vorstand war, erhielt 78,1 Prozent der Stimmen. Er setzte sich in einem komplizierten Wahlverfahren, bei dem jedes Mitglied mehrere Stimmen verteilen konnte, gegen fünf weitere Kandidaten durch. Der frühere bayerische Landeschef Stefan Körner kam mit 66,2 Prozent nur auf den zweiten Platz.
Der neue Piratenchef nannte als Priorität seiner künftigen Arbeit, die verschiedenen Strömungen in der Partei zusammenzuführen. „Motivation ist das Gebot der Stunde.“ Er kritisierte auch das geplante Bündnis von Union und SPD im Bund. „Die große Koalition ist eine Zäsur für unsere Demokratie.“ Mahn-Gauseweg forderte eine Konzentration auf die zentralen Anliegen der Partei wie Netzthemen, Datenschutz und Bürgerrechte. Sie beklagte unnötige Reibungsverluste und schlechte Außendarstellung des bisherigen Vorstands.
Nach dem enttäuschenden Ergebnis bei der Bundestagswahl waren der bisherige Vorsitzende Bernd Schlömer und die meisten anderen Vorstandsmitglieder nicht wieder angetreten. Im September hatten die Piraten mit 2,2 Prozent der Stimmen den Einzug in den Bundestag weit verfehlt.
Zu Beginn des Bundeskongresses entschieden die Mitglieder, ihren Vorstand auch künftig nicht mit einem Gehalt auszustatten. Sie beschlossen lediglich einen finanziellen Ausgleich für Vorstandsmitglieder, die auf Sozialleistungen angewiesen sind.
Der Kongress verabschiedete auch eine Reform der Parteispitze. Demnach soll es künftig keine Beisitzer mehr geben, sondern Stellvertreter der wichtigsten Positionen wie Vorsitz, Geschäftsführer, Schatzmeister und Generalsekretär. Dies soll die geforderte Professionalisierung der Parteiarbeit voranbringen. Die geplante Neuwahl des Vorstands verzögerte sich wegen langwieriger Satzungsdebatten um mehrere Stunden.
Der scheidende Vorsitzende Schlömer warb dafür, die neue Parteispitze mit einem „Vertrauensvorschuss“ auszustatten. Bevor Kritik am Vorstand geäußert werde, sollte zunächst nachgedacht werden. „Die neuen Kollegen werden es nicht einfach haben.“ Parteiinterne Querelen wurden mit für das schlechte Ergebnis der Partei bei der Bundestagswahl verantwortlich gemacht.
Nach Ansicht von Kritikern haben zudem basisdemokratische Strukturen eine professionelle Arbeit des Vorstands weitgehend verhindert. Auch finanzielle Probleme plagen die Partei, die zeitweise in Umfragen zweistellige Ergebnisse erzielt hatte. Von den rund 30 000 Mitgliedern zahlt nur gut ein Drittel regelmäßig Beiträge.