Neuer Koalitions-Streit um Finanzsteuer und Mindestlohn
Berlin (dpa) - Sieben Monate vor der Bundestagswahl grenzen sich Union und FDP immer stärker voneinander ab. So sorgt die geplante Finanztransaktionssteuer in der schwarz-gelben Koalition ebenso für neuen Ärger wie die Einführung eines Mindestlohns.
Die Liberalen kritisierten am Wochenende Pläne der EU-Kommission für die Abgabe auf Börsengeschäfte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wiederum dringt auf eine rasche Einführung dieser Finanzsteuer. Zugleich kündigten CDU und CSU trotz des Widerstands der Liberalen einen neuen Vorstoß für einen gesetzlichen Mindestlohn an.
Deutschland und zehn weitere EU-Länder wollen eine Finanztransaktionssteuer einführen. Sie könnte 2014 in Kraft treten. Die EU-Kommission legte jüngst Vorschläge für die Milliarden-Abgabe vor. Merkel stellte am Samstag klar, die Bundesregierung werde alles daran setzen, „dass die Beratungen zur Einführung dieser Finanztransaktionssteuer zügig ablaufen.“
Die Liberalen pochen auf die Einhaltung der mit der Union sowie SPD und Grünen vereinbarten Grundsätze. Danach sollten unter anderem negative Folgen für Kleinanleger, die Altersversorgung und Wirtschaft vermieden werden. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte auf dpa-Anfrage, es gebe noch offene Fragen, die mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und im Verlauf der Verhandlungen geklärt werden müssten.
„Es ist gut, dass erst mal ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, den wir zügig beraten.“ Für die FDP gelte: „Die Verursacher der Finanzkrise müssen herangezogen werden, nicht die Kleinsparer“, sagte Döring. Ähnlich äußerte sich Fraktionschef Rainer Brüderle. In der „Bild“-Zeitung (Montag) machte er deutlich, dass die FDP auf dem gemeinsamen Beschluss des Bundestages bestehen werde.
FDP-Fraktionsvize Volker Wissing lehnte in der „Süddeutschen Zeitung“ das EU-Konzept mit geplanten Einnahmen von 35 Milliarden Euro ab. Es seien vor allem Kleinsparer und Mittelstandsbetriebe, die die 35 Milliarden zahlen müssten. Auch Hans Michelbach von der CSU warnte: „Diese Steuer darf nicht so gestaltet sein, dass am Ende Kleinsparer und Mittelstand die Zeche zahlen.“
CDU-Finanzexperte Ralph Brinkhaus mahnte dagegen: „Es kann jetzt nicht darum gehen, Stoppzeichen aufzustellen.“ Klar sei, dass jeder Vorschlag in Details und Auswirkungen geprüft werden müsse. „Die Finanztransaktionssteuer sollte aber nicht zerredet werden.“
Beim Mindestlohn erhöhen CDU und CSU den Druck. „Wir werden als Union noch einmal einen Versuch unternehmen, die FDP für einen tariflich vereinbarten Mindestlohn zu gewinnen“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer dem „Spiegel“. Die Unionsparteien dringen darauf, eine allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen festzulegen, in denen es bislang keine Tarifverträge mit entsprechenden Regelungen gibt.
Brüderle betonte in der „Bild“-Zeitung, einen gesetzlichen Einheitsmindestlohn ohne Rücksicht auf Branchen und Regionen werde es mit den Liberalen nicht geben. Der FDP sei „wichtig, dass die Tarifautonomie bestehen bleibt und nicht per Gesetz einheitliche Mindestlöhne vorgegeben werden, die Arbeitsplätze gefährden“.