Flüchtlingspolitik Neuer Vorschlag soll EU-Asylstreit lösen

Sofia (dpa) - Zur Beilegung des Streits über die geplante Reform der europäischen Asylpolitik setzt die bulgarische EU-Ratspräsidentschaft auf einen neuen Kompromissvorschlag.

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Nach Angaben von Präsidentschaftsministerin Liljana Pawlowa sieht er vor, Flüchtlinge nur dann automatisch in der EU umzuverteilen, wenn es wie 2015 zu einem sehr starken Zustrom kommt.

Bei einem weniger starken Zustrom würde demnach ein System aktiviert werden, das den betroffenen Ländern an den EU-Außengrenzen eine intensive Unterstützung garantiert. Gleichzeitig könnten Länder sich freiwillig bereiterklären, Flüchtlinge aufzunehmen und dafür auch Geld aus EU-Töpfen bekommen.

„Länder wie Italien und Griechenland haben immer noch das Gefühl, im Stich gelassen zu werden“, sagte Pawlowa in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Deswegen sei es so bedeutsam, beim EU-Gipfel Ende Juni zu einer Einigung zu kommen. Bis dahin solle es über den Vorschlag Gespräche auf den unteren politischen Ebenen geben.

Wichtig sei, dass die Umverteilung nur ein einzelner Punkt der Vorschläge sei, ergänzte Pawlowa. Schwerpunkt seien Punkte wie ein guter Grenzschutz und die schnelle Rückführung von Menschen, die nach EU-Regeln nicht schutzbedürftig sind.

Wegen des Streits über eine mögliche Quotenregelung zur Umverteilung von Flüchtlingen in der EU kommt die geplante Reform der EU-Asylpolitik seit 2016 nicht voran. In der Auseinandersetzung geht es vor allem um die Frage, wie vom Flüchtlingszustrom besonders stark betroffene Staaten entlastet werden können.

Die EU-Kommission und Länder wie Deutschland sind eigentlich dafür, ein Konzept zu beschließen, das eine Umverteilung inklusive Aufnahmepflicht vorsieht. Staaten wie Polen, Ungarn und Tschechien lehnen allerdings jegliche Art von Zwang bei der Aufnahme von Flüchtlingen ab.

Unterstützung erhalten sie auch von Österreichs neuem Bundeskanzler Sebastian Kurz. Der ÖVP-Politiker argumentiert, dass sich ja nicht nur einige Mitgliedsstaaten wehrten, sondern die Flüchtlinge selbst gar nicht bereit seien, in Länder wie Bulgarien, Rumänien oder Polen zu gehen. Und selbst wenn man sie mit Polizeigewalt dorthin schaffte, würden sie sobald wie möglich nach Deutschland, Österreich oder Schweden ziehen.

Bulgarien führt derzeit die Verhandlungen über die Asylreform, weil es derzeit den alle sechs Monate wechselnden EU-Ratsvorsitz inne hat. Ziel ist es, bis zum Ende der Präsidentschaft Ende Juni einen Durchbruch verkünden zu können.

Wenn Österreich die Präsidentschaft im Juli übernehme, werde es vermutlich noch schwerer werden, einen Kompromiss zu finden, sagte Pawlowa. Nicht ausgeschlossen sei auch eine Einigung ohne automatische Umverteilung. Man habe alle Optionen vorbereitet, sagte sie. Details wollte sich allerdings aus Rücksicht auf die laufenden Gespräche nicht nennen.

Offen ist zum Beispiel die Frage, ab wann ein besonders starker Zustrom von Flüchtlingen vorliegt. Die vorherige Ratspräsidentschaft hatte dazu vorgeschlagen, unter Berücksichtigung von Faktoren wie der Bevölkerungsgröße und der Wirtschaftskraft festzulegen, wie viele Asylsuchende ein EU-Staat bei einer gerechten Verteilung aufnehmen müsste. Dann würde regelmäßig ermittelt, wie die reale Verteilung aussieht. Sobald ein Land zum Beispiel 50 Prozent über seinem „fairen Anteil“ liegt und freiwillige Hilfen nicht ausreichen, könnte die automatische Umverteilung von Asylsuchenden ausgelöst werden.