Skandal in Bremer Außenstelle Bamf-Affäre: Innenministerium hält an Behördenchefin fest

Berlin (dpa) - Das Bundesinnenministerium hat in der Affäre um unrechtmäßige Asylbescheide Forderungen nach einer Abberufung der Präsidentin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Jutta Cordt, erst einmal zurückgewiesen.

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Der Parlamentarische Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) sagte im Bayerischen Rundfunk, personelle Konsequenzen seien jetzt nicht vorrangig. „Es geht darum, inhaltlich die richtigen Konsequenzen zu ziehen und da hat Frau Cordt durchaus zu Beginn des Septembers letzten Jahres, was die Qualitätssicherung anbelangt, einiges verbessert.“ Die Bürger hätten einen Anspruch darauf, dass Asyl-Entscheidungen rechtsstaatlich einwandfrei getroffen werden.

Dagegen sagte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD), auf Cordt angesprochen, im ZDF-„Morgenmagazin“: „Wenn sich alles so bewahrheitet, wie das sich andeutet, dann glaube ich kaum, dass man sie am Ende wird halten können.“ Die Entscheidung liege aber bei Seehofer.

Das Bremer Flüchtlingsamt soll zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen ohne ausreichende Grundlage Asyl gewährt haben. Gegen die ehemalige Leiterin der Außenstelle ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft. Die Bamf-Zentrale und das Bundesinnenministerium haben als Konsequenz aus den Vorfällen die Überprüfung von Tausenden von Asylverfahren angeordnet - auch außerhalb von Bremen.

Seehofer hatte zudem angekündigt, er wolle kommende Woche „Entscheidungen über organisatorische und gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen“ treffen. Am nächsten Dienstag sollen er und Cordt im Innenausschuss des Bundestages befragt werden. Staatssekretär Mayer versicherte, das Ministerium habe kein Interesse, etwas zu vertuschen.

Ob die Bamf-Affäre in einen Untersuchungsausschuss münden wird, ist noch unklar. Das liegt auch daran, dass bei der Linkspartei in dieser Frage noch keine Einigkeit besteht. „Sollte Seehofer (CSU) nicht glaubhaft Aufklärung und Abhilfe schaffen, ist der Bundestag in der Pflicht, auch die Ursache der Fehlentscheidungen zu untersuchen“, sagte Fraktionsvize Sevim Dagdelen. Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke betonte dagegen: „Die Fraktion hat ihre Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen. Ich persönlich lehne die Einrichtung eines Bamf-Untersuchungsauschusses klar ab.“

In einem Punkt sind sich Jelpke und Dagdelen aber einig. Dass Seehofer am Mittwoch angeordnet hat, in Bremen dürften bis auf weiteres keine Asyl-Entscheidungen mehr getroffen werden, finden sie falsch. „Das ist Schaupolitik, die vor allem dazu führt, dass sich die Bearbeitung der Asylanträge für Schutzsuchende in Bremen verzögern wird und der Druck auf die ohnehin schon überlasteten Mitarbeiter des Bamf steigt“, sagte Jelpke.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, wenn Seehofer diese Bamf-Außenstelle stilllegen müsse, zeige das doch, „dass mächtig etwas schief läuft“. Mit Aktionismus allein sei es aber nicht getan. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse zu erfahren, wie es zu solchen Zuständen kommen konnte, sagte Klingbeil. „Seehofer hat diese Antworten bisher nicht gegeben.“

SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles stellte sich dagegen hinter Seehofer: „Ich traue ihm zu, den Bamf-Skandal aufzuklären und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen“, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag). Notwendig sei nun „die lückenlose Aufklärung“.

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte: „Es gibt eine große Diskrepanz zwischen dem lauten, populistischen Schwadronieren in Flüchtlingsfragen, das vor allem von der CSU kommt, und ihrem lethargischen Nichtstun in Regierungsfragen.“ Das zeige sich zum Beispiel beim Bamf, für das seit Jahren Unionspolitiker politisch verantwortlich seien, und „wo vieles offensichtlich nicht funktioniert hat“.

Die Grünen würden sich gegen einen zuerst von der FDP geforderten Untersuchungsausschuss zu den Unregelmäßigkeiten beim Bamf nicht sperren. Sollte Seehofer demnächst alle relevanten Informationen auf den Tisch legen, wäre der Ausschuss aus ihrer Sicht aber verzichtbar.

Seehofer selbst hatte sich offen für einen Untersuchungsausschuss gezeigt, der wohl in erster Linie Vorkommnisse aus der Amtszeit seines Amtsvorgängers Thomas de Maizière (CDU) in den Blick nehmen würde. Die AfD hätte gerne einen Ausschuss, der die aus ihrer Sicht unrechtmäßige Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) insgesamt durchleuchtet.

Der stellvertretende FDP-Fraktionschef Stephan Thomae sagte: „Wir wollen bei einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht auf die Stimmen der AfD angewiesen sein.“ Deshalb arbeite seine Fraktion an einem Einsetzungsantrag, der auch ohne die Stimmen der AfD die für die Einsetzung notwendigen Stimmen erreicht. Ein Untersuchungsausschuss wird eingesetzt, wenn ein Viertel der Abgeordneten dafür ist.