NPD fordert Einstellung des Verbotsverfahrens
Karlsruhe (dpa) - Zum Auftakt des NPD-Verbotsverfahrens am Bundesverfassungsgericht ist die rechtsextreme Partei mit Befangenheitsanträgen gescheitert.
NPD-Anwalt Peter Richter lehnte zu Beginn der dreitägigen Verhandlung in Karlsruhe gleich zwei Richter des Zweiten Senats ab (Az. 2 BvB 1/13) - seine Anträge waren jedoch nicht erfolgreich. Zugleich verlangte er die Einstellung des Verfahrens, weil es keine Beweise dafür gebe, dass die V-Leute der Verfassungsschutzbehörden tatsächlich abgeschaltet worden seien.
Die Karlsruher Richter prüfen auf Antrag des Bundesrats ein Verbot der NPD. Kommen sie zu dem Schluss, dass die rund 5200 Mitglieder starke Partei verfassungswidrig ist, muss sie sich auflösen.
Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle betonte, das Verfahren stelle für das Gericht „in vielfacher Hinsicht eine besondere Herausforderung dar“. So könnten die Richter zum Beispiel nicht auf eigene aktuelle Entscheidungen zurückgreifen. Zuletzt wurde in Deutschland 1956 die kommunistische KPD verboten.
Der Senatsvorsitzende verwies darauf, dass das Gericht quasi als erste Instanz einen komplexen Sachverhalt aufzuklären habe. Ob die zunächst geplanten drei Verhandlungstage dafür ausreichen, ist unklar. Ein Urteil wird in jedem Fall erst in einigen Monaten erwartet.
NPD-Anwalt Richter begründete seine Befangenheitsanträge damit, dass sich der für das Verfahren zuständige Berichterstatter Peter Müller und der Richter Peter Huber in ihrer Zeit als aktive Politiker mehrfach ablehnend über die Partei geäußert hätten. Huber habe sich als Innenminister in Thüringen offen für ein NPD-Verbot eingesetzt. Der NPD-Anwalt bezweifelte daher ihre Unvoreingenommenheit.
Voßkuhle entgegnete, politische Äußerungen seien Richtern des Bundesverfassungsgerichts nicht grundsätzlich verwehrt. Müllers und Hubers politische Ämter hätten politische Meinungsäußerungen geradezu nötig gemacht.
Eine entscheidende Frage in dem Verfahren ist, ob die Politik diesmal alle Hindernisse aus dem Weg geräumt hat. Ein erster Verbotsanlauf war 2003 gescheitert, weil der Verfassungsschutz bis in die NPD-Spitze hinein Informanten hatte.
So nahm am Dienstag die Erörterung des V-Leute-Problems breiten Raum ein. Die Bundesländer hatten dafür im vergangenen Mai zusätzlich zum 250-seitigen Verbotsantrag noch einmal vier Aktenordner mit Belegen eingereicht. Bundesregierung und Bundestag hatten sich dem neuen Verbotsantrag nicht angeschlossen.
Bundesratspräsident Stanislaw Tillich (CDU) betonte vor Gericht, in der NPD gebe es seit 2012 keine V-Leute mehr. Ein Verbot der Partei sei geboten, weil sie sich durch ideologischen und radikalen Rassismus auszeichne. „Die NPD ist politisch bedeutend und sie ist gefährlich“, sagte der sächsische Ministerpräsident.
NPD-Anwalt Richter bezweifelte die Aussagekraft der Bescheinigungen zur Abschaltung der V-Leute. Diese seien unglaubwürdig, weil sie von Behörden stammten. Die Befürchtung, dass man weiterhin überwacht und ausgeforscht werde, sei auch der Grund dafür, dass sich die NPD inhaltlich bisher nicht zum Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit geäußert habe. Verfassungsrichter Müller hielt dem entgegen, dass dem Gericht unter anderem umfangreiche Protokolle aus den Abschaltgesprächen mit den V-Leuten vorgelegt worden seien.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Bundesrats, Christian Waldhoff, versicherte, dass alle Belege in dem Verfahren frei von geheimdienstlichen Quellen seien. „Die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens war die oberste Maxime.“ Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sagte, es seien auch keine Erkenntnisse ausländischer Geheimdienste verwendet worden.
In einer Verfahrenspause sagte Tillich, er erkenne das Vokabular wieder, das die NPD auch im sächsischen Landtag immer wieder verwendet habe. „Wenn hier von einer Todesstrafe für eine Partei gesprochen wird, dann zeigt das im Prinzip, wessen Geistes Kind die Vertreter der NPD sind.“
Die Hürden für das Verbot einer Partei sind in Deutschland hoch. Das Verbreiten verfassungsfeindlicher Ideen allein reicht dafür nicht aus. Beim KPD-Verbot vor 60 Jahren hatte das Gericht eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der demokratischen Grundordnung als zentrales Kriterium formuliert.