CDU-Parteitag #cdupt16 Parteienforscher: "Rechtsruck könnte Wähler zurückbringen"
Mit ihren Beschlüssen ist die CDU in Essen nach rechts gerückt. Die Experten sehen die Partei damit im Aufwind.
Essen. Mit ihren Parteitagsbeschlüssen insbesondere zur Flüchtlings- und Einwanderungspolitik ist die CDU nach rechts gerückt. Das könnte ihr im Wahlkampf durchaus nützen, sagen Parteienforscher. Unsere Zeitung hat nachgefragt.
"Es gibt sicher viele Wähler, die sich der AfD zugewandt haben, weil sie von der Union tief enttäuscht waren", erläuterte der Mainzer Politikwissenschaftler JÜRGEN FALTER. "Eine Änderung des Tonfalls, aber natürlich auch der Praxis, dürfte doch eine Reihe von ihnen wieder zurückholen. Schließlich sind das keine Überzeugungswähler der AfD."
Die Chancen von Rot-Rot-Grün sind nach Einschätzung Falters durch den "leichten Rechtsruck" der Union nicht gestiegen. "Die Anhänger einer Willkommenskultur gegenüber den Flüchtlingen wählen ja nicht automatisch allesamt links". Außerdem habe Rot-Rot-Grün für bürgerliche Wähler immer noch einen gewissen Bedrohlichkeitseffekt. "Wichtig sind den meisten Menschen die innere Sicherheit sowie staatliche Kontrolle im Interesse einer geordneten und maßvollen Einwanderung. Das kann Rot-Rot-Grün kaum bieten", meinte Falter.
Auch der Dresdner Politikwissenschaftler HANS VORLÄNDER glaubt, dass sich die Kurskorrektoren für die CDU an der Wahlurne auszahlen werden. "Der harte Kern der AfD-Wähler wird immer das Original wählen und nicht die nachträglichen Justierungen bei der CDU gutheißen. Aber es geht ja darum, die unentschlossenen Menschen zurückzugewinnen, die bei den letzten Landtagswahl für die AfD votiert haben und den etablierten Partien damit einen Denkzettel verpassen wollten" . Dafür sei die schärfere Rhetorik in der Flüchtlingsfrage durchaus geeignet.
Zugleich erwartet Vorländer für den kommenden Bundestagswahlwahlkampf eine starke Personalisierung. "Das wird ein polarisierender Merkel-Wahlkampf". Polarisieren bedeute aber auch eine Mobilisierung der eigenen Anhängerschaft. "Insofern ist zweifelhaft, dass ein Wahlkampf gegen Merkel wirklich erfolgreich sein kann", meinte Vorländer. Wenn sie von der SPD auf der einen und von der AfD auf der anderen Seite attackiert werde, könne sich Merkel "in der Mitte gut einrichten", mutmaßt Vorländer.
Forsa-Chef MANFRED GÜLLNER ist davon überzeugt, dass die Lage für die Union besser als die allgemeine Stimmung ist. " Bei den CDU-Anhängern genießt Merkel allen Umfragen zufolge breite Unterstützung, sie sind froh, dass sie wieder kandidiert", erläuterte der Meinungsforscher. Nach einer aktuellen Erhebung seines Instituts ist Merkels Rückhalt bei den CDU-Anhängern mit 91 Prozent deutlich größer als der des potenziellen Herausforderers Sigmar Gabriel bei den SPD-Anhängern, von denen sich nur 38 Prozent für ihn entscheiden würden.
In der Wählergunst liegt die SPD derzeit bei nur 22 Prozent. Die Union kommt auf 36 Prozent. "Ein Jahr vor der Bundestagswahl ist das für die Union ein guter Wert", sagte Güllner.