Patienten spüren Ärztemangel kaum
Berlin (dpa) - Trotz aller Warnungen vor einem Ärztemangel sind die meisten Patienten zufrieden mit Zahl, Erreichbarkeit und Terminvergabe ihrer Mediziner. Das zeigt eine neue Studie im Auftrag der Krankenkasse Barmer GEK und der Bertelsmann Stiftung.
Die Ärzteschaft reagiert empört: Der Medizinermangel sei nicht wegzudiskutieren. Wie aus der am Montag in Berlin veröffentlichten Befragung von TNS Infratest hervorgeht, sind 94 Prozent der Bundesbürger zufrieden mit dem Zugang zu Hausärzten und deren Zahl - auf dem Land genauso wie in der Stadt. Bei Fachärzten ist die Zufriedenheit etwas geringer: mit 85 Prozent insgesamt und 81 Prozent auf dem Land.
Dass auch die ländliche Bevölkerung wenig zu beanstanden hat, erscheint überraschend, hatten doch Ärzteorganisationen immer wieder eine medizinische Unterversorgung auf dem Land schon heute beklagt. „Zu unserem Erstaunen sind die Unterschiede eher gering“, sagte Barmer-GEK-Chef Christoph Straub. Allerdings zeigt die Studie auch: Je weiter entfernt der Arzt seine Praxis hat, desto unzufriedener sind die Leute.
Auch Terminprobleme scheinen selten zu sein. So liegt der Anteil der unzufriedenen Patienten bei den Hausärzten bei 6 Prozent, bei den Fachärzten bei 11 Prozent. Auch hier gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen Stadt und Land, wie Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, hervorhob. Allerdings glaubt auf dem Land jeder Dritte, dass es in seiner Region künftig weniger Fachärzte geben wird.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte: „Gerade auf dem Land haben Ärzte Schwierigkeiten, Nachfolger zu finden.“ Die Bundesregierung habe mit dem Versorgungsstrukturgesetz Anreize geschaffen, um dem drohenden Ärztemangel vorzubeugen. So wurde die Verpflichtung gelockert, als Arzt in der Nähe der Praxis zu wohnen. Mediziner aus Städten sollen verstärkt auf dem Land zum Einsatz kommen können - etwa indem sich mehrere Ärzte tageweise die Versorgung in einer Region teilen.
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, warf der Barmer GEK falsche Schlussfolgerungen vor. Bis zum Jahr 2020 gingen schätzungsweise 66 830 niedergelassene Ärzte in den Ruhestand. „Die Situation wird sich also drastisch verschärfen.“ Wer den Ärztemangel infrage stelle, verkenne die Situation. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sagte: „Harte Versorgungsdaten belegen, dass die personellen Lücken in der ambulanten und stationären ärztlichen Versorgung immer größer werden.“ Bis 2020 werde es knapp 7000 Hausärzte weniger geben als bisher.
Der Sprecher des Kassen-Spitzenverbands, Florian Lanz, sagte hingegen: „Mit dem angeblichen Ärztemangel ist es wie mit dem Scheinriesen, Herrn Tur Tur - je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er.“