Entscheidung wohl diese Woche Regierungsbildung: Nur SPD-Ministerposten sind noch offen
Berlin (dpa) - Nach einer langen Hängepartie liegt die Bildung einer neuen Bundesregierung in den letzten Zügen. Nach CDU und CSU will auch die SPD in den nächsten Tagen die Besetzung ihrer Ministerposten in der neuen großen Koalition klären.
Der kommissarische SPD-Vorsitzende Olaf Scholz sagte in Hamburg, es werde vermutlich in dieser Woche eine Entscheidung des Präsidiums dazu geben, welche drei Männer und drei Frauen der SPD zukünftig dem Kabinett angehören sollen. „Ich bin auch persönlich sehr erleichtert, dass spätestens dann alles gesagt werden kann, was zu sagen ist“, sagte Scholz, hielt sich aber weiter bedeckt.
Die Spitzen von Union und SPD wollen den 177 Seiten starken Koalitionsvertrag für eine Neuauflage des Bündnisses am kommenden Montag (14.00 Uhr) unterzeichnen. Die Wiederwahl von Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Vereidigung des neuen Kabinetts sind für den 14. März vorgesehen. Merkel hatte die sechs CDU-Minister bereits vor gut einer Woche benannt, CSU-Chef Horst Seehofer hatte am Montag sein Personaltableau präsentiert.
Seinen Rücktritt als bayerischer Ministerpräsident erklärte Seehofer am Dienstag wie angekündigt zum 13. März. Nachfolger soll der bisherige Landesfinanzminister Markus Söder werden.
Für die CSU wechseln Seehofer als Innenminister und der bisherige Generalsekretär Andreas Scheuer als Verkehrsminister ins Bundeskabinett nach Berlin. Entwicklungsminister bleibt Gerd Müller. Staatsministerin für Digitalisierung soll Dorothee Bär werden.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer zeigte sich enttäuscht über die reine CSU-Männerriege. „Ein Bundeskabinett, in dem genauso viele Frauen wie Männer vertreten sind, wäre ein starkes Signal gewesen. Das hat die CSU nun leider verhindert“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Kritik kam auch von Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther. Der CDU-Politiker sagte in NDR Info zur Auswahl der Schwesterpartei: „Aus meiner Sicht viel zu wenig, auch der CSU hätte es gut zu Gesicht gestanden, wenn sie unter den drei Ministern mehr Frauen gehabt hätte als gar keine.“
Die designierte Digital-Staatsministerin Bär sieht bei der Frauenförderung in ihrer Partei noch Nachholbedarf. „Ich gebe ganz offen zu, dass wir tatsächlich an dem Thema Frauen und auch Frauen in der CSU noch arbeiten müssen“, sagte Bär dem Bayerischen Rundfunk.
Bär selbst löste mit ersten Äußerungen zu ihrer Agenda Kritik der Opposition aus. Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping störte sich insbesondere an Bärs Äußerungen zum Datenschutz. Die CSU-Politikerin hatte in einem Interview die deutschen Datenschutzregeln in Deutschland als völlig veraltet kritisiert und von einem „Datenschutz wie im 18. Jahrhundert“ gesprochen.
Kipping sagte, kaum habe die CSU sie zu Digitalisierungsbeauftragten ernannt, blase Bär bereits vor ihrem Amtsantritt zum Angriff auf den Datenschutz. Margit Stumpp, Expertin für digitale Infrastruktur der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte, wenn Bär eine „digitale Infrastruktur von Weltklasse“ oder „Programmieren in Grundschulen“ ankündige, handle es sich nur um Worthülsen.
Bei der SDP gilt als sicher, dass der bisherige Hamburger Bürgermeister Scholz Vizekanzler und Finanzminister wird. Neben dem Finanz- und dem Außenministerium kann die SPD die Ressorts Arbeit und Soziales, Justiz, Familie und Umwelt besetzen. Für Spannung sorgt vor allem die Frage, wer Außenminister werden soll.
Ein Verbleib von Sigmar Gabriel im Auswärtigen Amt gilt als weitgehend ausgeschlossen. Ihm wird ein zerrüttetes Verhältnis zu Scholz und Fraktionschefin Andrea Nahles nachgesagt, der designierten neuen SPD-Chefin. Als neue Außenminister gehandelt werden der bisherige Justizminister Heiko Maas, Familienministerin Katarina Barley sowie Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann.
Die SPD-Mitglieder hatten mit ihrer Zustimmung zum Koalitionsvertrag am Sonntag grünes Licht für eine neue schwarz-rote Regierung gegeben. Die Regierungsbildung nach der Bundestagswahl im September hatte sich lange hingezogen. Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis von Union, Grünen und FDP waren gescheitert. Nach einigen Kehrtwenden war es dann zu Verhandlungen zwischen der SPD und der Union gekommen.