Renten: Im Westen plus 0,25 Prozent, im Osten plus 3,29 Prozent
Berlin (dpa) - Die Renten steigen in diesem Jahr im Osten deutlich stärker als im Westen. Für die rund vier Millionen ostdeutschen Rentner gibt es zur Jahresmitte eine Erhöhung um 3,29 Prozent. Die etwa 16 Millionen Ruheständler im Westen Deutschlands müssen sich mit einem Mini-Aufschlag von 0,25 Prozent begnügen.
Die Zahlen gab das Bundesarbeitsministerium am Mittwoch in Berlin bekannt. Die Differenz fällt sehr viel deutlicher aus als erwartet.
Als Gründe dafür nennt das Ministerium den stärkeren Anstieg der Löhne 2011 im Osten. Zudem wurde die Rentenanhebung im Westen zusätzlich durch einen Abschlag im Zusammenhang mit der Rentengarantie gedämpft, die 2010 eine Rentenkürzung verhinderte.
Zum 1. Juli erhöht sich damit eine Monatsrente von 800 Euro im Westen um 2 Euro, im Osten um 26,32 Euro. Bei einer Rente von 1200 Euro beträgt der Aufschlag 3 gegen 39,48 Euro. Das Rentenniveau im Osten klettert von bislang 88,8 Prozent auf dann 91,5 Prozent des West-Wertes.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, die für die Rentenanpassung maßgebliche Lohnentwicklung sei im Osten „merklich höher“ als im Westen ausgefallen. Sie freue sich für die ostdeutschen Rentner, „dass sie beim Rentenwert nun so deutlich aufholen können“. Im Westen zeichne sich erst 2014 „wieder ein spürbares Plus ab“.
Im vergangenen Jahr gab es für die Rentner im Westen eine Erhöhung um 2,18 Prozent, im Osten um 2,26 Prozent. Einen Rentenaufschlag in ähnlicher Größenordnung für die Ostrentner gab es zuletzt mit 3,38 Prozent im Jahr 2009.
Ostrentner sind jene Ruheständler, die - unabhängig vom heutigen Wohnort - im Gebiet der neuen Bundesländer und Ost-Berlins gearbeitet und dort Beiträge zur Rentenversicherung bezahlt haben.
Den Angaben des Ministeriums zufolge lag die Lohnsteigerung 2011 im Westen bei 1,5 Prozent und bei 4,32 Prozent in den neuen Ländern. Im Westen seien die zur Rentenversicherung beitragspflichtigen Entgelte schwächer gestiegen als in den neuen Ländern.
Die Rentengarantie nannte die Ministerin „goldrichtig, denn sie hat die Renten der älteren Generation in der Krise geschützt und die deutsche Wirtschaft in schwierigster Lage stabil gehalten“. Die Regierung stehe im Sinne der Generationengerechtigkeit zu ihrem Versprechen an die junge Generation, dass diese „die Kosten nicht alleine tragen muss“.
Grundsätzliche Kritik kam von der Linksfraktion: Auch nach der Erhöhung werde ein Ostrentner mit Durchschnittsverdienst nach 45 Arbeitsjahren 108 Euro weniger Rente als sein westdeutscher Kollege haben, sagte Linken-Rentenexperte Matthias W. Birkwald. Dies sei „ein unhaltbarer Zustand und muss dringend geändert werden.“ Der Sozialverband VdK bekräftigte seine Forderung, alle Dämpfungsfaktoren in der Rentenformel abzuschaffen.
Änderungen forderten auch die Arbeitgeber: „Es ist an der Zeit, dass der Gesetzgeber für ein einheitliches Rentenrecht sorgt“, so die Arbeitgebervereinigung BDA. Es sei „nicht vermittelbar“, warum die Renten im Osten um mehr als drei Prozentpunkte stärker stiegen als im Westen, „obwohl die Löhne im vergangenen Jahr im Westen mit 2,6 Prozent um 0,4 Prozentpunkte stärker gewachsen sind als im Osten mit 2,2 Prozent“.
Die Rentengarantie verhinderte trotz der negativen Lohnentwicklung eine Rentenkürzung im Jahr 2010. Die Renten fielen dadurch rechnerisch zu hoch aus, im Westen mehr als im Osten. Dieser Überhang wurde im Westen nun mit der Erhöhung teilweise verrechnet. Im Osten war dies bereits im vergangenen Jahr abgeschlossen.
Etwa jeder vierte Bundesbürger sorgt nicht ausreichend für das Alter vor. „Verlassen sich die 38 Millionen Arbeitnehmer lediglich auf die staatliche Altersversorgung, fehlen ihnen nach heutiger Kaufkraft im Schnitt 800 Euro pro Monat“, warnte Bernd Raffelhüschen vom Forschungszentrum Generationenverträge der Uni Freiburg. Hingegen könnten die 16,6 Millionen Riester-Sparer ihre Rentenlücke schließen, geht aus dem vom Forschungszentrum für Union Investment erstellten „Vorsorgeatlas Deutschland“ hervor.