Kabinett stellt keinen eigenen NPD-Verbotsantrag
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will keinen eigenen NPD-Verbotsantrag stellen und lässt die Länder allein nach Karlsruhe ziehen. Das Kabinett stimmte am Mittwoch offiziell dagegen.
Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte den Ländern aber Unterstützung bei dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verwies auf die hohen juristischen Hürden bei dem Vorhaben. Offen ist nun, wie sich der Bundestag positioniert. Für einen Verbotsantrag des Parlaments stehen die Chancen nach dem Kabinettsvotum aber schlecht. Viele Bundesländer reagierten mit Unverständnis auf die Entscheidung des Kabinetts.
Die Länder waren im Dezember vorgeprescht und hatten im Bundesrat beschlossen, einen neuen Anlauf für ein Verbot der NPD zu starten. Vor zehn Jahren waren Regierung, Parlament und Länderkammer noch zusammen vor das Bundesverfassungsgericht gezogen: Der Antrag scheiterte damals allerdings, weil Informanten des Verfassungsschutzes auch in der Führungsebene der Partei tätig waren.
Die Bundesregierung hatte seit dem Vorstoß der Länder mit ihrer eigenen Positionierung auf sich warten lassen. Vizekanzler und FDP-Chef Philipp Rösler nahm das Ergebnis der monatelangen Beratungen bereits am Montag vorweg, indem er das Veto der FDP-Minister im Kabinett verkündete.
Leutheusser-Schnarrenberger sagte, die Regierung habe sich nach intensiver Abwägung gegen einen eigenen Verbotsantrag entschieden. Schwerpunkt für die Regierung sei die politische Bekämpfung des Rechtsextremismus. „Dafür wollen wir alles Erforderliche tun.“ Die Auseinandersetzung dürfe aber nicht verengt werden auf ein NPD-Verbotsverfahren.
Friedrich sagte zu dem Länderantrag: „Wir nehmen das mit Respekt zur Kenntnis.“ Die Bundesbehörden, insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz, würden die Aktivitäten der Länder weiter unterstützen. Das heißt, die Verfassungsschützer werden etwa weiterhin belastende Belege gegen die NPD zuliefern. „Wir halten als Bundesregierung einen eigenen Antrag daneben nicht für erforderlich“, betonte Friedrich. Staat und Gesellschaft müssten gemeinsam rechtsextreme Tendenzen bekämpfen. Dafür gebe es viele vom Bund geförderte Programme. Beim Kampf gegen Rechtsextremismus seien aber auch die Länder und die gesamte Gesellschaft gefordert.
Der Zentralrat der Juden bezeichnete den Regierungsbeschluss als „enttäuschend und grundfalsch“. Präsident Dieter Graumann sagte, er könne nur hoffen, dass sich der Bundestag anders entscheide.
Das Parlament will nach der Osterpause über die Frage beraten. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Hartmann, warf der Regierung Feigheit vor und beklagte, sie lasse die Länder alleine. „Hoffen wir, dass der Bundestag mutiger ist.“ Die SPD will dazu in Mitte April einen Antrag in den Bundestag einbringen.
Die Linke wirbt ebenfalls für eine Initiative des Parlaments. Die Innenexpertin der Fraktion, Ulla Jelpke, rief Union und FDP dazu auf, die Abstimmung über die Frage freizugeben und den Fraktionszwang aufzuheben. Die Grünen sind in der Verbotsfrage gespalten.
Die Aussichten auf einen eigenen Antrag des Parlaments sind jedoch dürftig. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der „Passauer Neuen Presse“, nach der Regierungsentscheidung dürfte es schwierig sein, eine Mehrheit für einen Antrag des Parlaments zu erreichen. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle, sagte er rechne nicht damit. Die Ablehnung seiner Fraktion sei eindeutig. „Wir werden die Haltung der Minister als Fraktion unterstützen.“