Riesen-Zoff um Doppelpass in der Koalition
München/Berlin (dpa) - Der Vorstoß von drei rot-grün regierten Bundesländern für eine freizügige Doppelpass-Regelung hat bei der Union helle Empörung ausgelöst.
Spitzenpolitiker von CDU und CSU warnten die SPD vor einem Bruch der Koalitionsvertrages und forderten ein Machtwort von Parteichef Sigmar Gabriel. „Mit Vertragsuntreue schafft man kein neues Vertrauen“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der Nachrichtenagentur dpa.
Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl sprach von einem „klaren Vertragsbruch“ und rief die SPD-Spitze auf, die Genossen in den Ländern von dem Vorhaben abzubringen. „Herr Gabriel muss das stoppen“, sagte Strobl der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“.
Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, Kindern von Zuwanderern die doppelte Staatsangehörigkeit zu gewähren, sofern sie in Deutschland geboren und auch hier aufgewachsen sind. Drei rot-grün regierte Länder wollen aber jetzt über den Bundesrat durchsetzen, dass alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern zwei Pässe besitzen dürfen - auch wenn sie im Ausland aufwachsen.
Der CSU-Generalsekretär rief Gabriel zur Klarstellung auf: „Was gilt jetzt? Ihre Unterschrift unter den Koalitionsvertrag oder die Trickserei Ihrer SPD-Ministerpräsidenten über die Hintertür bei der doppelten Staatsbürgerschaft?“ Die SPD könne nicht nach dem Fall Edathy den Wiederaufbau von Vertrauen beschwören „und gleich in der Woche darauf einen Bruch des Koalitionsvertrags begehen. Das ist eine Erschütterung der Koalition in ihren Grundfesten“, warnte Scheuer.
Der Kieler Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) verteidigte den Vorstoß dagegen. „Schleswig-Holstein setzt sich gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg für ein neues und modernes Staatsbürgerschaftsrecht ein“, sagte Albig der „Rheinischen Post“. Die Integration ausländischer Mitbürger habe hohe Priorität. Es gebe keinen vernünftigen Grund, die Optionsregelung zu halten und allenfalls durch bürokratische Ausnahmeregelungen aufzuweichen.
Der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel machte klar, dass seine Partei wegen der Affäre um Sebastian Edathy nicht zu inhaltlichen Zugeständnissen an die Union bereit sei. „Wer glaubt, uns angesichts der schwierigen Lage in die Ecke drücken zu können, dem kann ich nur sagen: Vergiss es!“, sagte Schäfer-Gümbel dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstag).
Der Berliner SPD-Chef Jan Stöß kritisierte, die Union laufe sich offenbar für den politischen Aschermittwoch warm. Wer jedoch glaube, „dass die SPD jetzt im Büßerhemd auftritt, der ist schief gewickelt“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.