Neuer Gesetzentwurf Scholz macht gegen Schwarzarbeit und Missbrauch beim Kindergeld mobil

Berlin · Die Bundesregierung will gegen Schwarzarbeit und Sozialleistungsbetrug in Deutschland vorgehen. Der Gesetzentwurf soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Die vier Punkte im Überblick.

Olaf Scholz (SPD) kommt in die Bundespressekonferenz zur Vorstellung des Gesetzentwurfs gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Mit mehr Personal und mehr Befugnissen für die zuständigen Kontrollbehörden will die Bundesregierung gegen Schwarzarbeit und Sozialleistungsbetrug in Deutschland vorgehen. Dazu hat das Kabinett am Mittwoch einen Gesetzentwurf verabschiedet, der noch vor der Sommerpause im Parlament verabschiedet werden soll.

Die Verluste bei Steuern und Sozialabgaben durch die Schattenwirtschaft lassen sich nur schätzen. Allein für die letzten zwei Jahre hat der Zoll jedoch eine Schadenssumme von rund 1,8 Milliarden Euro ermittelt. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Für den zuständigen Bundesfinanzminister Olaf Scholz Grund genug, die Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung deutlich zu verschärfen. „Wir werden viel mehr Missbrauch identifizieren und aufdecken“, versprach der SPD-Politiker bei der Vorstellung seiner Pläne am Mittwoch.

Fest stand schon vorher, dass die zuständige Sondereinheit „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS) bis zum Jahr 2026 um 2100 auf dann rund 10.000 Stellen aufgestockt werden soll. Nun ist geplant, die Zahl der Mitarbeiter bis 2030 auf insgesamt mehr als 13.500 zu erweitern. Sie sollen insbesondere in vier Problembereichen stärker aktiv werden:

MINDESTLOHN: Oft werden Menschen aus dem EU-Ausland mit vermeintlich lukrativen Arbeitsangeboten nach Deutschland gelockt. Doch am Ende gibt es nicht einmal den Mindestlohn, und die Unterkünfte gleichen eher Matratzenlagern. Nach Scholz` Plänen soll die FKS künftig auch schon bei Verdacht auf Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel ermitteln können und damit die Polizeiarbeit ergänzen. Darüber hinaus kann die FKS künftig auch die Unterkünfte überprüfen.

ARBEITERSTRICH: In vielen Städten verdingen sich Arbeitskräfte als Tagelöhner, auch „Arbeiterstrich“ genannt. Wie das funktioniert, zeigt ein Beispiel aus Köln. Dort sammelten sich jeden Morgen an einer Ausfallstraße Männergruppen, die nach kurzen Verhandlungen in Fahrzeuge stiegen. Ein Ziel war eine Fabrik, in der ein Betroffener für weniger als fünf Euro pro Stunde bis zum Abend arbeitete. Bislang kann der Zoll erst eingreifen, wenn er bei einer illegalen Beschäftigung fündig wird. Künftig darf er schon bei der Anbahnung solcher Abmachungen einschreiten, im Kölner Fall also bereits an der Ausfallstraße.

ORGANISIERTE KRIMINALITÄT: Schwarzarbeit und organisierte Kriminalität gehen nach Erkenntnissen der FKS immer stärker Hand in Hand. So versuchen zum Beispiel Subunternehmen in der Baubranche mittels fingierter Rechnungen die Verantwortlichkeit für das eingesetzte Personal zu verschleiern, um Steuern und Sozialabgaben zu „sparen“. Hier soll der Zoll unter anderem mehr Befugnisse bei der Telefonüberwachung und der Erfassung personenbezogener Daten von Verdächtigen bekommen.

KINDERGELD: Nach Angaben von Scholz registrieren die Familienkassen immer häufiger einen organisierten Missbrauch beim Kindergeld. So werden EU-Ausländer mit gefälschten Dokumenten ausgestattet, um unberechtigt Kindergeld zu kassieren. Künftig soll der Zoll stärker kontrollieren können, ob solche Personen wirklich einer Arbeit nachgehen. Auch soll das Kindergeld nur dann für die ersten drei Monate ausgezahlt werden, wenn inländische Einkünfte nachweisbar sind.

REAKTIONEN: Die Gewerkschaften haben die Gesetzespläne im Grundsatz begrüßt. Verbesserte Kontrollen seien dringend notwendig, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach unserer Redaktion. Deshalb sei es richtig und überfällig, den Zoll mit mehr Personal auszustatten. Die Kindergeld-Regelung stieß bei ihr jedoch auf Kritik. „Menschen, die hier in Deutschland leben und Kinder haben, müssen auch Kindergeld bekommen“, meinte Buntenbach. Eine Wartezeit von drei Monaten sei unangemessen und benachteilige vor allem die Kinder.