Schwarz-Gelb bleibt geschlossen: Vorerst keine Frauenquote
Berlin (dpa) - Eine gesetzliche Frauenquote in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft wird auf die lange Bank geschoben - obwohl auch Teile der Union dafür sind. Fast geschlossen blockten CDU/CSU und FDP im Bundestag eine rot-grüne Initiative ab, den Frauenanteil in Aufsichtsräten bis 2018 auf wenigstens 20 Prozent zu erhöhen.
Die Opposition warf Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und anderen Frauen in der Union, die seit Jahren ebenfalls für eine gesetzliche Quotenregelung kämpfen, „Verrat der eigenen Ziele“ vor.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sicherte den Befürwortern einer Frauenquote in seiner Partei einen eigenen Gesetzentwurf unmittelbar nach der Bundestagswahl zu. Die Union setze zwar weiter auf Freiwilligkeit der Wirtschaft. Wenn es aber bis 2020 nicht gelinge, den Frauenanteil auf 30 Prozent zu steigern, werde ein Gesetz greifen. „Dann wird es ernst“, sagte Kauder in der emotional geführten und immer wieder von heftigen Zwischenrufen unterbrochenen Bundestagsdebatte.
Auf diese Kompromisslinie hatte sich die CDU-Spitze am Montag verständigt, nachdem einige weibliche CDU-Abgeordnete damit gedroht hatten, dem von Rot-Grün über den Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zuzustimmen. Die 30-Prozent-Zielvorgabe soll ins Wahlprogramm aufgenommen werden. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte jedoch der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitag), seine Partei werde bei Neuauflage von Schwarz-Gelb nach der Wahl eine von der Union angepeilte gesetzliche Frauenquote verhindern.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Union angesichts ihrer Versprechungen Volksverdummung vor. „Warum nicht gleich noch einen Mindestlohn für das Jahr 2090? Das ist Heuchelei“, rief er. Die Befürworter einer festen Quote in der Union seien auf den „billigen Kompromiss“ der Parteiführung hereingefallen. Von der Leyen verzichtete überraschend auf ihre Redezeit im Bundestag.
Bei der namentlichen Abstimmung votierten 320 der insgesamt 330 Abgeordneten der Koalition gegen das Bundesratsmodell, mit dem über ein Stufenkonzept der Frauenanteil in den Führungsgremien börsennotierter Unternehmen bis auf 40 Prozent im Jahr 2023 gesteigert werden soll. Aus der schwarz-gelben Koalition stimmte nur die Vorsitzende des Familienausschusses, Sibylle Laurischk (FDP), wie angekündigt mit Ja. Bei der Union enthielt sich der CDU-Abgeordnete Siegfried Kauder. Acht Abgeordnete der Koalition fehlten. Bei der Opposition stimmten alle 276 anwesenden Abgeordneten mit Ja.
Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD), die das Bundesratsmodell entwickelt hatte, sagte: „Ich bedauere, dass heute nicht die Chance für eine Quote ergriffen wurde. Das Thema ist zu wichtig, um es auf die lange Bank zu schieben. Ich bin mir sicher. Die Quote kommt.“
Bundesfrauenministerin Kristina Schröder (CDU) warf der Opposition in der hitzigen Debatte reine Wahlkampftaktik vor. Unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder habe es in Sachen Frauenquote ein Stillhalteabkommen mit der Wirtschaft gegeben: „Das war ein schmutziger Deal zulasten der Frauen“, sagte die Ministerin, die gegen eine gesetzliche Quote ist. Ekin Deligöz (Grüne) entgegnete: „Wir haben gelernt, dass Freiwilligkeit nichts bringt.“ Deshalb sei die gesetzliche Quote nötig. Der Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sagte, es sei völlig unverständlich, dass sich die Union nicht zu diesem „harmlosen Kompromiss“ habe durchringen können.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sprach dagegen von einem „billigen, allzu durchsichtigen Wahlkampfmanöver“. Ziel sei dabei, „einen Keil in die Koalition zu treiben und uns zu spalten“.
Die CDU-Politikerinnen Rita Pawelski und Elisabeth Winkelmeier-Becker, die seit Jahren in der Union für eine feste gesetzliche Quote eintreten, begründeten mit bewegten Worten, warum sie der Bundesratsinitiative nicht zustimmten. Die Quote werde in der nächsten Wahlperiode kommen. Sie hätten keine Zweifel, dass Kanzlerin Angela Merkel sie nach der Wahl durchsetze.