Sorge um Informanten nach WikiLeaks-Panne
Berlin/New York (dpa) - Eine schwere Datenpanne bei der Enthüllungsplattform WikiLeaks bringt mehr als 100 Informanten der USA in akute Gefahr. Die Informanten waren von amerikanischen Diplomaten für besonderen Schutz vorgesehen, wie die „New York Times“ berichtete.
WikiLeaks hatte vor neun Monaten damit begonnen, die Botschaftsdepeschen in redigierter Form zu veröffentlichen - ohne die Namen gefährdeter Personen. Jetzt aber sind die Originaltexte für jeden im Internet verfügbar, der gezielt danach sucht.
WikiLeaks machte dafür einen Journalisten der britischen Zeitung „The Guardian“ verantwortlich. David Leigh habe in einem Buch „rücksichtslos und ohne unsere Zustimmung einzuholen“ ein Passwort zur Entschlüsselung der zum Teil noch unredigierten Botschaftsdepeschen veröffentlicht, heißt es in einer in der Nacht zum Donnerstag veröffentlichten Wikileaks-Erklärung.
Der „Guardian“ wies die Vorwürfe zurück. „Es ist Unsinn zu behaupten, dass das Wikileaks-Buch des „Guardian“ in irgendeiner Weise die Sicherheit gefährdet hat“, erklärte die britische Zeitung. In dem Buch sei zwar ein Passwort genannt worden, „uns wurde aber gesagt, dass es ein zeitlich begrenztes Passwort sei, das verfallen und binnen Stunden gelöscht werde“.
Die Enthüllungsplattform hatte bei der Veröffentlichung der Botschaftsdokumente mit der britischen Zeitung sowie anderen internationalen Medien wie dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zusammengearbeitet. Nun beschuldigt WikiLeaks den „Guardian“, mit der Herausgabe des Buches im Februar dieses Jahres gegen eine Vertraulichkeitsabsprache verstoßen und Menschen gefährdet zu haben. Man prüfe deshalb juristische Schritte „gegen den "Guardian" und eine Person in Deutschland, die das Passwort zum persönlichen Nutzen weiterverteilt hat“.
Dabei handelt es sich um eine Anspielung auf den WikiLeaks-Aussteiger Daniel Domscheit-Berg, der inzwischen eine alternative Enthüllungsplattform namens OpenLeaks gegründet hat. Zu den Medienpartnern von OpenLeaks gehört die Wochenzeitung „der Freitag“, welche in der vergangenen Woche über die freie Verfügbarkeit der Botschaftsdepeschen in ihren Originaltexten berichtet hatte. Assange hat Domscheit-Berg über einen Anwalt den Bruch von Absprachen und Selbstverpflichtungen sowie „ein gesteigertes Maß an Niedertracht“ vorgeworfen. Er habe Journalisten Hinweise zur Öffnung der verschlüsselten Dateien gegeben, hieß es in einem Schreiben des Anwalts.