SPD lässt in Spähaffäre nicht locker: Kanzleramt soll liefern
Berlin (dpa) - Druck auf das Kanzleramt, versöhnliche Worte Richtung Washington: Mit dieser Strategie bemüht sich die SPD, die brisante NSA/BND-Spähaffäre in den Griff zu bekommen.
Neben Aufklärung und Kontrolle der Geheimdienste liege auch deren Funktionsfähigkeit im „Staatsinteresse“, betonte SPD-Chef Sigmar Gabriel im ZDF.
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi setzte dem Kanzleramt in der „Bild am Sonntag“ eine Frist bis zum 8. Juni für die Offenlegung der umstrittenen Liste von Spähbegriffen des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA). „Ich erwarte, dass das Kanzleramt bis zur nächsten Sitzungswoche endlich Klarheit darüber schafft, wie der Bundestag in geeigneter Art und Weise die Selektorenliste prüfen kann. Ein Aussitzen dieser Affäre wird es mit der SPD nicht geben.“
SPD und Opposition verlangen, dass die Liste der Mail-Adressen und Telefonnummern, die die NSA dem Bundesnachrichtendienst (BND) zur Überwachung übermittelte, auch gegen den Willen der USA vom Bundestag geprüft werden kann. Fahimi nannte die Vorwürfe gravierend. „Das Kanzleramt schuldet uns Bürgern eine gründliche Untersuchung.“
Gabriel sagte in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“, ein Fachmann müsse die Liste anschauen, bewerten und Hinweise zur künftigen Kontrolle der Geheimdienste durch Parlament und Kanzleramt geben. Laut „Welt am Sonntag“ soll der ehemalige Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof, Gerhard Schäfer, als Ermittlungsbeauftragter im Gespräch sein.
Die USA lehnen eine Veröffentlichung der Liste mit Suchbegriffen (Selektoren) ab und verstärken nach Medienberichten ihrerseits den Druck auf das Kanzleramt. Laut „Bild“ lässt US-Geheimdienstdirektor James Clapper die Zusammenarbeit mit dem BND prüfen, weil auf die Deutschen beim Schutz geheimer Dokumente kein Verlass mehr sei.
Wie das Blatt berichtete, haben die USA bereits gemeinsame Projekte und geplante Kooperationen mit dem BND gestoppt. Clapper nenne die Option, Überwachungsmaßnahmen wie in der BND-Abhörstation Bad Aibling an andere befreundete Dienste außerhalb Deutschlands zu übertragen.
Außerdem weiten die US-Geheimdienste nach Informationen der „Bild am Sonntag“ ihre Aktivitäten hierzulande aus. „Ab sofort ist Deutschland verstärkt Operationsgebiet“, heiße es aus US-Geheimdienstkreisen. Es müsse verhindert werden, dass US-Staatsgeheimnisse verraten würden.
Eine effektive Arbeit deutscher Geheimdienste ist nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann ohne Hilfe der USA nicht möglich. „Wir können und wollen es uns nicht leisten, die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Diensten zu kündigen“, sagte er der „Welt am Sonntag“. „Wir verdanken den Amerikanern wichtige Hinweise.“
Im Kanzleramt heißt es bisher, man warte auf Antwort aus dem Weißen Haus, ob die Selektoren dem Ausschuss offengelegt werden dürften. Ein NSA-Sprecher sagte „Bild“ jedoch, dies sei „eine innere Angelegenheit Deutschlands“.
Der SPD-Kurs in der Spähaffäre sorgt beim Koalitionspartner zunehmend für Unmut. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nahm im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur den SPD-Vorsitzenden in die Pflicht: „Sigmar Gabriel muss jetzt den Wirrwarr in seiner Partei beenden und sich klar auf die Seite der Regierungsverantwortung stellen.“ Fahimi betreibe „parteiinterne Opposition“. Scheuer betonte: „Wir als CSU konzentrieren uns auf die Zusammenarbeit mit denen in der SPD, die konstruktiv sind und die Kooperation der Dienste zum Schutz der westlichen demokratischen Welt befürworten.“