Ringen um Nahles-Nachfolge Schwan und Stegner bewerben sich - Die Kandidaten im Porträt

Kiel/Berlin · Gesine Schwan und Ralf Stegner sind beide Stehauf-Menschen: Niederlagen bei wichtigen Wahlen konnten sie in der Vergangenheit nicht stoppen. Jetzt wollen sie ihre Partei wieder aufrichten - dabei haben beide in der SPD nicht nur Freunde.

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GESINE SCHWAN: Gesine Schwan war in ihrem Leben schon vieles: Politikwissenschaftlerin, Universitätspräsidentin, zweimal Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, Mitgründerin einer Hochschule, Grande Dame der SPD. Die Markenzeichen der Intellektuellen: Ein heiseres Lachen und die markante Frisur hochgesteckter blonder Locken in geordnetem Chaos.

Schwan ist überzeugte Sozialdemokratin, ging mit ihrer Partei aber lange nicht zimperlich um. Sie stritt, erteilte Rat, leitet seit Jahren die Grundwertekommission. Ein Amt strebte die 76-Jährige bisher nie an - bis es zuletzt so schien, als wolle auch niemand anders SPD-Chef werden. Karriereambitionen weist Schwan auch jetzt zurück, Kanzlerin will sie nicht werden.

Zu ihrem Lebensthema hat Schwan schon lange das ständige Werben für die Demokratie gemacht. 1972 trat sie der SPD bei, beeinflusst durch die 68er Bewegung. Bei vielen der studentischen Aktivisten wurde sie aber bald zum Inbegriff der „Reaktionären“, legte sich 1983 sogar mit Parteichef Willy Brandt an, weil die SPD aus ihrer Sicht Ostblock-Diktaturen zu stark hofierte. Aktiv war sie auch im Seeheimer-Kreis, dem konservativen Flügel der SPD.

2004 und 2009 kandidierte Schwan als Bundespräsidentin, scheiterte aber beide Male deutlich.

RALF STEGNER: Der blitzgescheite Harvard-Absolvent und SPD-Bundesvize steht seit 2003 in der ersten Reihe der Landespolitik in Schleswig-Holstein - als Finanzminister, Innenminister, als Landespartei- und Fraktionschef. Mit seinem Führungsstil hat der 59-Jährige mit dem Raubein- und Schlechte-Laune-Image zwar manche Sozialdemokraten vergrätzt. Aber: Seinen Job als kantiger Fraktionschef hat er immer professionell erledigt, in Regierung wie Opposition. Im Juni erst erkämpfte er sich die Wiederwahl an der Fraktionsspitze - wenn auch nur mit 14 von 21 Stimmen.

Stegner ist ein Mann, an dem sich viele reiben - vor allem wegen seiner pointierten, polarisierenden Äußerungen. Selbst in der Heimat Schleswig-Holstein glaubten viele nicht, dass der Parteilinke wirklich für den Bundesvorsitz antreten würde. Er hat sie wieder alle überrascht, wie schon oft in seiner Karriere. Immer wieder müsste Stegner einstecken, verlor als Spitzenkandidat Wahlen, immer wieder rappelte er sich wieder auf. Bis heute ist er der einzige Genosse aus dem Norden mit bundesweiter Reputation.

Der starke Redner symbolisiert mit oft heruntergezogenen Mundwinkeln geradezu die Krisenstimmung in der SPD. Ende März gab Stegner nach zwölf Jahren den SPD-Landesvorsitz in Schleswig-Holstein auf. Zu groß war nach den verlorenen Wahlen der vergangenen Jahre der Veränderungswunsch in der Landespartei. Seine Stehauf-Qualitäten könnte er jetzt in Berlin beweisen.

(dpa)