Strahlenschutz-Amt: Atommüll-Zwischenlager sicher
Berlin/Kiel (dpa) - Das Bundesamt für Strahlenschutz hat Sorgen wegen eines möglicherweise unzureichenden Schutzes für die Atommüll-Zwischenlager in Deutschland zurückgewiesen. Die Zwischenlager seien inzwischen auch ausreichend sicher gegen A380-Abstürze.
Das sagte ein Sprecher am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. „Bei allen Zwischenlagern wurde der gezielte Flugzeugabsturz bereits in den Genehmigungsverfahren berücksichtigt und mit überprüft.“
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hatte am Mittwoch die Genehmigung für das Zwischenlager Brunsbüttel in Schleswig-Holstein aufgehoben, weil der Schutz gegen terroristische Angriffe wie gezielte Flugzeugabstürze bei der Genehmigung vor zehn Jahren nicht ausreichend geprüft worden sei. Der Atommüll soll trotz der Aufhebung der Betriebsgenehmigung vorerst dort bleiben. „Wo soll der Müll denn hin, wir können ihn doch nicht auf die Straße stellen“, sagte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) der Deutschen Presse-Agentur.
Albig sieht jetzt das Bundesamt für Strahlenschutz und die Bundesregierung in der Pflicht. Sollte die Entscheidung rechtskräftig werden, müsse der Bund in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt die rechtlichen und fachlichen Voraussetzungen für eine erneute Genehmigung zur Zwischenlagerung schaffen.
Unklar ist, ob nun das geplante Gesetz für eine bundesweite Endlagersuche in Gefahr ist, dass eigentlich nächste Woche im Bundestag und am 5. Juli vom Bundesrat verabschiedet werden soll. Der letzte Woche zwischen Bund und Ländern gefundene Kompromiss sieht vor, die Unterbringung der 26 noch aus der Wiederaufarbeitung zurückkommenden Castor-Behälter bis Anfang 2014 zu klären. Ein Großteil soll nach Brunsbüttel, für die Lagerung dieses hochradioaktiven Mülls ist ohnehin eine neue Genehmigung notwendig. In Fachkreisen hieß es, es gebe keinen juristischen und technischen Zusammenhang mit dem Urteil.
Die Castoren sollen nicht mehr in das einzige bisher für diese Abfälle genehmigte Zwischenlager Gorleben gebracht werden, um bei der neuen Suche keine weiteren Fakten für ein Endlager im nahegelegenen Salzstock zu schaffen. Gorleben, seit 1977 einzige deutsche Endlageroption, soll ergebnisoffen mit anderen Alternativen verglichen werden. Bis 2015 soll zunächst eine 24-köpfige Kommission die Grundlagen der Suche bestimmen, bis 2031 soll das Endlager gefunden sein.
„Wir werden die Konsequenzen dieses Urteils in Ruhe prüfen“, sagte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) am Donnerstag bei einem Besuch im Ruhrgebiet der dpa. Das Bundesamt für Strahlenschutz betonte, das damals gültige Regelwerk bei der Genehmigung herangezogen zu haben. Im Lichte der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA habe es aber erneute Überprüfungen gegeben. Das Gericht monierte in dem Verfahren vor allem, dass ein wesentlicher Teil der Unterlagen unter Berufung auf eine Geheimhaltung nicht vorgelegt worden sei.
Erst im letzten Jahr waren als Folge der Katastrophe im japanischen Fukushima Zwischenlager und weitere Atom-Einrichtungen einem Stresstest unterzogen worden. Rund 20 Anlagen wurden auf den Schutz vor Erdbeben, Flugzeugabstürzen, Hochwasser, Explosionen, Stromausfällen und Bränden überprüft. In einigen Fällen werden Zwischenlager nachgerüstet, etwa durch eine Härtung von Mauern.
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hat nach Überzeugung von Atomkraftgegnern Auswirkungen auch auf andere AKW. „Baugleiche Hallen vom Typ STEAG stehen auch bei den Atommeilern Brokdorf, Krümmel, Grohnde, Unterweser und Lingen“, erklärte die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg (BI). Andere Lager hätten sogar noch dünnere Betonwände. Allerdings wurden ähnliche Klagen gegen andere Zwischenlager in der Vergangenheit abgewiesen.
BI-Sprecher Wolfgang Ehmke sagte, das Urteil sei eine Backpfeife für die Autoren des Endlagersuchgesetzes. „Wenn ausgerechnet Brunsbüttel als Zwischenlager für einen Teil der Castoren, die nicht mehr nach Gorleben angeliefert werden sollen, entfällt, dann bricht der brüchige Atommüll-Konsens schon vor der Verabschiedung des Gesetzes zusammen.“