Studie: Zusatzbeitrag steigt 2012 auf 21 Euro
Berlin (dpa) - Auf die gesetzlich Krankenversicherten kommen nach Berechnung der Universität Köln rasant steigende Zusatzbeiträge zu. Bereits Ende des Jahres werde der Aufschlag im Schnitt bei 9 Euro, im kommenden Jahr bei 21 Euro pro Monat liegen.
Das errechnete das Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie laut „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Donnerstag. Bundesgesundheitsministerium und FDP wiesen die Berechnungen zurück, Linke und DGB zeigten sich alarmiert.
Für 2013 gehen die Wissenschaftler von 33 Euro aus. Zum Ende des Jahrzehnts sagt das einst vom heutigen SPD-Abgeordneten Karl Lauterbach geleitete Institut 120 Euro pro Kassenmitglied und Monat voraus. Derzeit erheben rund ein Dutzend Kassen Zusatzbeiträge von meist 8 Euro im Monat. Die Bundesregierung hatte angegeben, dass der Zusatzbeitrag 2012 im Schnitt im einstelligen Euro-Bereich bleiben und 2014 zwischen 10 und 16 Euro erreichen könnte.
Mit der Gesundheitsreform stieg der Beitragssatz zu Beginn des Jahres von 14,9 auf 15,5 Prozent. Der Satz wurde eingefroren - alle künftigen Kostensteigerungen werden über Zusatzbeiträge und einen Sozialausgleich aus Steuermitteln beglichen. Das Kölner Institut unterstellte bei seinen Prognosen eine jährliche Ausgabensteigerung von vier Prozent. Lauterbach zählt zu den schärfsten Kritikern der Reform von FDP-Minister Philipp Rösler.
Im Rösler-Ressorts hieß es, dem Lauterbach-Institut gehe es um Verunsicherung der Menschen. „Karl Lauterbach ist inzwischen Gesundheitspolitiker mit angeschlossenem Rechenzentrum“, kritisierte die FDP-Vizefraktionschefin Ulrike Flach. Die Prognose sei „wilde Spekulation“, schon bei den Grundannahmen längen die Forscher daneben. Ein Sprecher des Ministeriums erläuterte, eine Finanzierungslücke in der angenommenen Größenordnung sei selbst ohne die jüngsten Reformgesetze, die die Kosten senken sollen, abwegig.
Der Obmann der Linke-Fraktion im Gesundheitsausschuss, Harald Weinberg, sagte hingegen: „Die Bundesregierung nimmt in ihrem Drang, die Arbeitgeber zu entlasten, erhebliche Nettolohnverluste der Arbeitenden und weiter sinkende Renten in Kauf.“ DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte in Stuttgart: „Die ersten, die besonders unter der Kopfpauschale leiden müssen, sind Millionen Rentnerinnen und Rentner sowie Geringverdienende.“
Die AOK Rheinland-Hamburg forderte mehr Wahlleistungen für Kassenpatienten. „Wenn die Versicherten schon mehr zahlen müssen, dann wollen sie auch eine Gegenleistung“, sagte Kassenchef Wilfried Jacobs dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Für Zusatzbeiträge infrage kommen alle 50 Millionen Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen; einschließlich der mitversicherten Ehegatten und Kinder gibt es 70 Millionen Versicherte.