Stundenlanges Warten auf die Bahn

Mainz. Der Ausnahmezustand am Mainzer Hauptbahnhof geht in die zweite Woche. Reisende sind dort seit Montag nicht nur abends und nachts großteils vom Schienenverkehr abgehängt — auch tagsüber treffen nun Zugausfälle, Umleitungen und Verspätungen mehrere tausend Pendler und Fernreisende.

Der für das Rhein-Main-Gebiet wichtige Knotenpunkt Mainz ist zeitweise völlig ausgebremst, weil Personal für das Stellwerk fehlt. Viele Fahrgäste sind deshalb stark verärgert.

Während die anderen Bahnsteige recht verlassen in der Morgensonne liegen, drängeln sich am Gleis 4 a die Wartenden Richtung Frankfurt. Marion Metz (59) ist verärgert. „Um 8.50 Uhr sollte eine Bahn fahren, aber die kam nicht.“

Sie wartet seit über einer Stunde, musste ihren Termin am Flughafen in Frankfurt absagen. Auch die übrigen Bahnen seien nicht gefahren. „Jetzt muss ich drei Stunden in Frankfurt auf den nächsten Termin warten.“

Die Schlange vor der DB-Information im Hauptbahnhof reicht am Montagvormittag fast bis in eine gegenüberliegende Drogerie. Die Bahn-Mitarbeiter an der Information haben deutlich mehr zu tun als sonst. Sie müssen beraten — und beschwichtigen. Was sie nicht können, ist, die Wünsche der Reisenden zu erfüllen. Noch bis Ende August soll das Chaos dauern, auch wenn es sich ab nächster Woche wenigstens nachts wieder entspannen soll.

Johannes Halfmann hat sich vorher die Verbindungen herausgesucht. Die Mittelrheinbahn, mit der der 21-Jährige nach Mainz kam, hatte bereits Verspätung. Sie musste auf einen DB-Regionalzug warten. Halfmann wirkt resigniert. „Ich müsste um 11 Uhr in Frankfurt an der Börse sein, das klappt nicht mehr.“

Zwei Banker ärgern sich ebenfalls. Die 32-jährige Frau im Kostüm und der 40-Jährige in Anzug und Krawatte starren auf die Anzeigetafel. Die beiden waren aus Bremen nach Frankfurt geflogen. Ihr Zug nach Mainz hielt auf der anderen Rheinseite in Mainz-Kastel, obwohl beide die Verbindung vorher geprüft hatten. Sie wollen nach Bad Kreuznach und geben der Bahn für den Augenblick keine Chance mehr: „Im Zweifel nehmen wir ein Taxi“, sagt die Bankerin.

Das Chaos begann vor über einer Woche. Von 15 Fahrdienstleitern im Mainzer Stellwerk ist etwa die Hälfte krank oder in Urlaub. Am Sonntag gab es kurzzeitig etwas Luft. Die Fußballfans des VfB Stuttgart konnten per Sonderzug zum Bundesligaspiel in Mainz hin und zurückfahren. Da rollten auch zusätzliche S-Bahnen und ein Regionalzug — weil ein Fahrdienstleiter für kurze Zeit einsprang.

Bahnchef Rüdiger Grube weiß um das Chaos. Die Bahn hat nun Mainzer Fahrdienstleiter gefragt, ob sie freiwillig früher aus dem Urlaub zurückkommen. Tausende Bahnfahrer hoffen auf Licht am Ende des Tunnels.