Politik Überall echte Hotspots ohne Passwort

W-LAN-Gesetz wird nach einem halben Jahr schon nachgebessert — Reform soll bis Sommer verabschiedet sein

Symbolbild.

Foto: Martin Schutt/dpa

Berlin. Unendliche Geschichte, finaler Akt? Das Bundeswirtschaftsministerium unternimmt gerade einen neuen Versuch, wirklich frei zugängliche Internet-Hotspots überall in Deutschland möglich zu machen. Peinlich dabei: Es ist die Nachbesserung eines erst im Sommer nach langem Hin und Her verabschiedeten Gesetzes. Die Gruppe „netzpolitik.org“ ätzte bereits, das Thema werde bei dieser Bundesregierung zum „running gag“.

Die Opposition hatte stets darauf hingewiesen: Die im Juli vergangenen Jahres in Kraft getretenen Bestimmungen wiesen entscheidende Lücken auf. Die Koalition hatte zwar Schadensersatzklagen von einschlägig tätigen Anwaltsbüros unmöglich gemacht, die jeden verfolgen, von dessen Anschluss aus illegal ein Musikstück oder ein Film heruntergeladen wird. Die teils horrenden Forderungen waren mit dafür verantwortlich, dass in Deutschland anders als in vielen anderen Staaten offene Netze nur selten oder nur mit komplizierten Passwortprozeduren angeboten wurden.

Doch endgültige Klarheit schuf die Reform nicht, wie die Regierung im Herbst selbst einsehen musste. Da urteilte der Europäische Gerichtshof in einem Verfahren gegen einen Münchener Freifunker. Es bestätigte zwar, dass es keine Schadenersatz-Pflicht gebe. Aber die Abmahn- und Gerichtskosten für eine Unterlassungsklage müsse der Mann tragen. Außerdem könne ihm auferlegt werden, sein W-LAN künftig per Passwort zu schützen.

Jetzt hat das Ministerium von Brigitte Zypries (SPD) ihren neuen Referentenentwurf an Länder und Verbände verschickt. Schon im März könnte das Kabinett ihn beschließen — wenn alle Ressorts zustimmen. Dann wäre die letzte Bundestagssitzung vor der Wahl im Juni noch zu erreichen — und die bisherigen Bremsen würden gelöst. Überall könnten dann Hotspots entstehen, in Schulen, Bibliotheken und Bürgerämtern genauso wie auf Flughäfen, in Geschäften und natürlich Lokalen. Im Hause Zypries spricht man bereits von einem „Schub, um im europaweiten Vergleich aufzuholen“.

Die beiden wichtigsten Mängel des ersten Gesetzes sind in dem Entwurf korrigiert: Alle W-LAN-Anbieter, ob privat oder gewerblich, sind von sämtlichen Gerichtskosten befreit, wenn Gäste diesen Zugang missbrauchen. Die Geschädigten, meist Musik- oder Filmanbieter, müssen sich direkt an demjenigen schadlos halten, der die Daten illegal heruntergeladen hat. Das wäre das Ende der bisherigen „Störerhaftung“, die denjenigen traf, der offizieller Eigentümer des Empfangspunktes war. Zudem soll es künftig keinen Zwang zu Passwortsperren geben. Allerdings sollen Betreiber eines offenen Netzzuganges angewiesen werden können, den Zugriff auf bestimmte Internetangebote zu sperren, die wiederholt illegal heruntergeladen wurden. Das sonstige Angebot bliebe aber frei zugänglich.

Erste Reaktionen am Montag fielen positiv aus. Die rechtlichen Klarstellungen seien gut, sagte der netzpolitische Sprecher der SPD, Lars Klingbeil, unserer Redaktion auf Anfrage. „Haften soll der Rechtsverletzer, nicht der, der den Zugang bereitstellt“. Er hoffe nun auf eine schnelle Einigung in der Regierung. Dort hat dem Vernehmen nach derzeit nur noch die Kulturstaatsministerin im Kanzleramt, Monika Grütters (CDU), Bedenken. Allerdings hat ihre Chefin, Kanzlerin Angela Merkel (CDU), den Wegfall der Störerhaftung schon mehrfach energisch angemahnt.