Unicef sieht relativ hohe Kinderarmut in Deutschland

Köln (dpa) - Die Kinderarmut in Deutschland ist einer Unicef-Studie zufolge höher als in vielen anderen Industrieländern. Auf einer Liste mit 29 Ländern zu Entbehrungen von Kindern belege Deutschland Platz 15, teilte das UN-Kinderhilfswerk in Köln mit.

Das bedeute, dass die Kinderarmut in 14 Ländern geringer sei. Am Besten schneiden demnach die skandinavischen Staaten ab, allen voran Island und Schweden. „Es ist enttäuschend, dass Deutschland es nicht schafft, die materiellen Lebensbedingungen für Kinder entscheidend zu verbessern“, kritisierte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider.

Grundlage für die am Dienstag veröffentlichte Studie ist den Angaben zufolge eine repräsentative Erhebung der Europäischen Union, für die 125 000 Haushalte erstmals nach Daten zu Kindern befragt wurden. Die Studie definiert 14 verschiedene Güter oder Angebote, die einem Kind in einem wohlhabenden Land zur Verfügung stehen sollten. Dazu gehören ein Platz, um Hausaufgaben machen zu können, ein Internetanschluss oder Freizeitangebote wie Fußballspielen in einem Verein. Wenn ein Kind mehr als zwei dieser Dinge nicht hat, wird dies als Hinweis auf eine „besondere Mangelsituation“ gewertet.

In Deutschland liegt dieser Anteil nach Unicef-Angaben bei 8,8 Prozent, in Dänemark zum Beispiel bei nur 2,6 und in Schweden bei 1,3 Prozent. Diese beiden Länder seien jedoch nicht wesentlich reicher als Deutschland, sondern lägen beim Pro-Kopf-Einkommen und der wirtschaftlichen Entwicklung auf ähnlichem Niveau. Besser als in Deutschland gehe es auch Kindern in Großbritannien, obwohl dort die Pro-Kopf-Einkommen im Schnitt niedriger lägen als in Deutschland. Am schlechtesten gehe es den Kindern in den ärmeren Staaten Europas wie Rumänien, Bulgarien und Ungarn.

In Deutschland fehlt es den Kindern demnach am ehesten an Freizeitaktivitäten (6,7 Prozent). Nahezu 1 von 20 Kindern müsse auf eine tägliche warme Mahlzeit verzichten (4,9 Prozent). 4,4 Prozent hätten keinen Platz, an dem sie ihre Hausaufgaben machen könnten. 3,7 Prozent besäßen höchstens ein Paar Schuhe. 3,1 Prozent der unter 16-Jährigen erhielten nie neue Kleidung, sondern zum Beispiel getragene von älteren Geschwistern. 3 Prozent lebten in einem Haushalt ohne Internetanschluss.

Ein Internetanschluss könne heutzutage nicht mehr als Luxus gelten, sagte Unicef-Sprecherin Helga Kuhn: „Ein Kind, das nicht lernt, mit dem Internet umzugehen, ist in einer Informationsgesellschaft gegenüber den anderen deutlich benachteiligt.“

Besonders häufig entbehrten Kinder in Deutschland wichtige Dinge, wenn die Eltern arbeitslos seien oder einen niedrigen Bildungsabschluss hätten. „Deutschland tut schon viel, um die Situation der Kinder zu verbessern, aber nicht genug“, sagte Kuhn. „Andere Länder tun noch mehr, zum Beispiel Schweden und Großbritannien.“