Von der Leyen will sich zu Kampfdrohnen positionieren
Berlin (dpa) - Bislang hat die Verteidigungsministerin gezögert. Jetzt bahnt sich in der Diskussion über Kampfdrohnen für die Bundeswehr eine Entscheidung an. Andere Rüstungsprojekte verursachen schon Ärger und Kosten.
Zum ersten Mal will sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in den nächsten Tagen in der Debatte über bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr klar positionieren. Nach einer Expertenanhörung im Verteidigungsausschuss des Bundestages am Montag wolle die Ressortchefin sich ihre Meinung bilden und sie am Mittwoch oder Donnerstag im Bundestag präsentieren, sagte am Wochenende ein Ministeriumssprecher.
Derweil lässt von der Leyen zentrale Rüstungsprojekte durch externe Berater überprüfen, darunter die Nachfolge der gescheiterten Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“. Und bei der Standardwaffe der Bundeswehr, dem G36, droht mal wieder Ärger.
Die „Bild“-Zeitung berichtete am Samstag unter Berufung auf einen internen Bericht des Ministeriums, von der Leyen wolle die Bundeswehr mit Kampfdrohnen ausrüsten. Darin heiße es, die Fürsorgepflicht des Dienstherrn spreche „eher für die Einführung bewaffneter Drohnen“.
Der Ministeriumssprecher wollte dies zwar nicht kommentieren - es gebe im Haus mehrere Berichte „mit unterschiedlicher Intention“. Pläne zur Anschaffung von Kampfdrohnen wies er aber zurück: „Das ist nicht die Position der Ministerin und auch nicht die Position des Hauses.“ Noch sei nicht entschieden, ob die Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen ausgerüstet werden soll.
Der frühere Ressortchef Thomas de Maizière (CDU) hatte sich massiv für die Anschaffung bewaffneter Drohnen eingesetzt. Die Bundeswehr hält sie für den Schutz der Soldaten im Auslandseinsatz für unverzichtbar. In einer Stellungnahme des Wehrbeauftragten des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), für den Verteidigungsausschuss heißt es laut „Passauer Neuer Presse“ (Samstag) über Kampfdrohnen: „Diese sind ein wesentlicher Teil der bestmöglichen Ausstattung unserer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.“
Die Sorge, solche Drohnen könnten völkerrechtswidrig als „Hinrichtungsinstrumente“ eingesetzt werden, entbehre jeder Grundlage, so Königshaus laut Zeitung. Die Grünen lehnen die Anschaffung bewaffneter Drohnen hingegen gerade aus ethischen Gründen strikt ab, wie Bundestags-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der „Bild am Sonntag“ sagte. Kampfdrohnen bedeuteten eine stärkere „Automatisierung“ der Entscheidung von Leben und Tod. „Das heißt, dass eben nicht allein Menschen die Entscheidungen treffen. Und das ist ethisch wie völkerrechtlich hochproblematisch“, sagte sie.
Unterdessen sollen mehr als 30 externe Berater in den kommenden drei Monaten neun Rüstungsprojekte prüfen. Darunter sind auch der Kampfjet „Eurofighter“, der Kampfhubschrauber „Tiger“ und der Schützenpanzer „Puma“. Dabei geht es nach Angaben des Ministeriums um eine Bestandsaufnahme und eine Analyse der Risiken bei den Vorhaben, die ein Gesamtvolumen von mehr als 50 Milliarden Euro hätten. Ende Oktober will das Ministerium über die Ergebnisse berichten. Sie sollen Basis für Entscheidungen über die Zukunft der Projekte sein.
Von der Leyen hatte die Überprüfung im Februar angewiesen. Der Vertrag mit einem Konsortium aus den Beratungsunternehmen KPMG und P3 Ingenieurgesellschaft sowie der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing sei nun abgeschlossen worden und belaufe sich auf 1,1 Millionen Euro plus Umsatzsteuer. „Das Konsortium bündelt die Expertise in den Bereichen wirtschaftlicher, technischer und rechtlicher Beratung“, hieß es.
Beim G36 wirft der Bundesrechnungshof dem Ministerium Medienberichten zufolge vor, die seit zwei Jahren bekannten Probleme systematisch herunterzuspielen. Die meisten Vorwürfe beziehen sich auf die Amtszeit de Maizières, wie „Spiegel Online“ und „Süddeutsche Zeitung“ (Samstag) schrieben. Die Experten kritisieren laut Onlineportal in einem Papier vom 23. Juni, das Ministerium habe sich der Berichte über eine Abnahme der Treffgenauigkeit des Gewehrs G36 bei Dauerfeuer seit 2012 „nur zögerlich angenommen“.
Damals hatten Prüfer der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) der Bundeswehr festgestellt, dass sich der Lauf der von Heckler & Koch hergestellten Waffe bei langen Schusssalven erhitzt und an Stabilität verliert. Die Mängel „könnten dazu führen, dass sich Soldatinnen und Soldaten im Einsatz nicht auf ihre Waffe verlassen können“, so der Rechnungshof laut „Süddeutscher Zeitung“. Als Fazit schreiben die Prüfer, das Ministerium habe „in jedem Fall zu spät reagiert“, Warnungen „relativiert“ und immer wieder die uneingeschränkte Tauglichkeit des Gewehrs konstatiert. Wörtlich nennt der Rechnungshof diese Aussagen „irreführend“ und erhebt damit den Vorwurf der Vertuschung, wie „Spiegel Online“ berichtet.