Von der Leyens Krisenverhalten „relativ gut“
Berlin (dpa) - In der Plagiatsaffäre um die Doktorarbeit von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat deren Krisenmanagement nach Expertenansicht bisher funktioniert - mit kleinen Einschränkungen.
„Eigentlich ist ihr Vorgehen relativ gut im Vergleich zu dem ihrer Vorgänger, also Guttenberg und Schavan“, sagte der Berliner Medienwissenschaftler Professor Joachim Trebbe der Deutschen Presse-Agentur. „Sie hat von vornherein, als diese Vorwürfe aufkamen auf der Webseite VroniPlag, ihre Arbeit nochmal zur Prüfung vorgelegt. Und sie hat das relativ offen kommuniziert.“
Jedoch sei auch diese Ministerin „nicht ganz frei von dem Verfolgungswahn, der die Betroffenen irgendwann trifft“, sagte Trebbe, der am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität (FU) arbeitet. „Sie glauben, dass sie nicht wie alle anderen Promovenden geprüft werden, sondern dass sie strengeren Maßstäben ausgesetzt sind, weil sie öffentliche oder politische Personen sind. Und dass gewisse Kreise ein Interesse haben könnten, sie durch diese Affäre aus dem Amt zu drängen.“
Die Plagiatsjäger werfen von der Leyen schwere Regelverstöße in ihrer 1990 erschienenen medizinischen Doktorarbeit vor. Bisher seien auf 27 von 62 Textseiten Plagiatfundstellen dokumentiert. Die Medizinische Hochschule Hannover überprüft auf Wunsch der Ministerin derzeit die Arbeit. Von der Leyen wehrte sich und sagte: „Es ist nicht neu, dass Aktivisten im Internet versuchen, Zweifel an Dissertationen von Politikern zu streuen.“ Ihr Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) musste 2011 sein Ministeramt niederlegen, als ihm die Universität Bayreuth den Doktortitel aberkannt hatte. 2013 trat Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) nach dem Entzug ihres Titels durch die Universität Düsseldorf zurück.
Im Gegensatz zu ihren einstigen Ministerkollegen habe von der Leyen bisher nicht behauptet, an den Vorwürfen sei nichts dran, sagte Trebbe. „Da es schon mindestens zwei Fälle gegeben hat im konservativen Lager, wo es schlecht ausging, wo Minister ihre Titel zurückgeben und zurücktreten mussten, ist das wenigstens mal eine andere Strategie.“ Wenn ein Beschuldigter hingegen zunächst jedes Fehlverhalten abstreite, komme hinterher auch noch der Lügen-Vorwurf hinzu. Trebbe vermutet, dass von der Leyen demnächst zu ihrer Entlastung auf den empirischen Teil ihrer Doktorarbeit verweisen wird. „Sie hat ja bestimmte Daten gemessen und diese Daten auch analysiert.“
Ob die Ministerin schon durch den Verdacht beschädigt ist, lässt sich nach Trebbes Worten noch nicht sagen. Die Frage könne am Ende lauten: „Wann verliert man seine Glaubwürdigkeit?“ Denn eine Verteidigungsministerin sei auch Chefin der Bundeswehr-Universitäten. Trebbe: „Das heißt, sie muss Professoren treffen und die Verwaltung organisieren. Da verliert Frau von der Leyen auch ein Stück Glaubwürdigkeit, wenn sie ihren Doktortitel verliert.“