Studie Welchen Einfluss haben die Medien auf die Strafjustiz?
In einer Studie wurden 580 Richter und Staatsanwälte befragt, ob und wie sie sich in ihren Entscheidungen von öffentlicher Berichterstattung beeinflussen lassen. Sie selbst halten sich für immun. Aber ist das wirklich so?
Berlin. „Richter sind auch nur Menschen“ — mit diesem Titel ist eine aktuelle Studie überschrieben, die den Einfluss von Medien auf Strafverfahren beleuchtet. In Zusammenarbeit mit der Uni Mainz hat die Berliner Agentur für Rechtskommunikation „Consilium“ 580 Richter und Staatsanwälte aus elf Bundesländern, darunter auch NRW, befragt, ob und wie sie sich in ihren Entscheidungen von öffentlicher Berichterstattung beeinflussen lassen.
44 Prozent der befragten Richter und 58 Prozent der Staatsanwälte verfolgen gezielt die Berichterstattung zu ihren Fällen. 53 Prozent der Richter und sogar 62 Prozent der Staatsanwälte gaben an, sie hätten während eines Verfahrens, über das Medien intensiv berichten, an das Echo der Öffentlichkeit gedacht. Dass sie selbst von den Medienberichten in ihrer Beurteilung beeinflusst werden, sehen die Juristen freilich nicht. Zwar wirke sich die Berichterstattung durchaus auf die Atmosphäre im Gerichtssaal aus. Einen unmittelbaren Einfluss auf ihre Beurteilung der Schuldfrage sehen aber nur zwei Prozent aller befragten Richter und Staatsanwälte. Dabei glauben allerdings 33 Prozent der Richter und 48 Prozent der Staatsanwälte, dass „Journalisten das Urteil beeinflussen wollten“.
Dass eine solche Einflussnahme zwar nicht mit Blick auf sie selbst, wohl aber hinsichtlich der Öffentlichkeit gelinge, sagen sie durchaus. Den Einfluss von Onlinekommentaren oder Medienberichten auf die Öffentlichkeit, Angeklagte oder Opfer hält die Mehrheit der Befragten für „stark“ oder sogar „sehr stark“. Auch wenn sich die Juristen in ihrer eigenen Wahrnehmung als immun gegen Beeinflussung sehen, sehen sie doch eine Auswirkung auf den Prozess als solchen. Medien haben Einfluss auf das Urteil, weil sie das Verhalten von Opfern, Tätern oder Zeugen verändern, glauben 22 Prozent der Richter und 36 Prozent der Staatsanwälte.