Wenig Interesse am Betreuungsgeld - CSU attackiert Länderkollegen

Berlin (dpa) - Das Interesse am Betreuungsgeld für daheim erziehende Eltern von Kleinkindern hält sich kurz vor der Einführung vielerorts in Grenzen. In Hannover lagen bis Freitag zwei Anträge vor.

In Braunschweig beantragten Eltern in neun Fällen den umstrittenen Familienzuschuss, wie eine dpa-Umfrage in Niedersachsen ergab. Ähnlich sieht es laut „Spiegel“ in anderen Bundesländern aus. Einige Kommunen kritisierten, dass die offiziellen Antragsformulare sehr spät veröffentlicht wurden.

Die rot-grüne Landesregierung in Rheinland-Pfalz räumte ein, dass sie aus politischen Gründen keine Werbung für die von der CSU durchgesetzte Leistung macht, die von Kritikern als „Herdprämie“ bezeichnet wird. „Wir lehnen das Betreuungsgeld nach wie vor ab und tun unsere Pflicht, aber mehr nicht“, sagte eine Regierungssprecherin dem „Spiegel“.

Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) reagierte empört. „Ich finde, es ist ein Skandal, dass manche Bundesländer aus Feindseligkeit gegen diese Familienleistung junge Eltern um das Betreuungsgeld bringen“, sagte sie am Sonntag. Im übrigen hätten die Antragszahlen von August keinerlei Bedeutung, weil die meisten Familien erst ab Oktober leistungsberechtigt seien.

In Bremen gab es bis Ende vergangener Woche nach Angaben des Sozialressorts rund 40 Anträge auf Betreuungsgeld. 9 würden nicht bewilligt, da die Kinder zu alt seien. In den kommenden Monaten werde mit rund 2000 Anträgen gerechnet. Kritiker bemängeln, der Zuschuss sei teuer und setze falsche Anreize gerade für bildungsferne Familien.

Wie der „Spiegel“ berichtet, ging in Thüringen bislang kein einziger Antrag ein. Mecklenburg-Vorpommern komme auf 44 Anträge. In Rheinland-Pfalz herrsche ebenfalls geringes Interesse an der Leistung. In Bayern seien nach einer umfangreichen Info-Kampagne rund 500 Anträge eingegangen.

Eltern, die für ihre ein- oder zweijährigen Kinder keinen Kita-Platz oder eine staatlich bezahlte Tagesmutter in Anspruch nehmen, sollen vom 1. August an monatlich zunächst 100 Euro, später 150 Euro erhalten. Das Geld wird nur für drei Monate rückwirkend gezahlt. Parallel zum Betreuungsgeld tritt der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kleinkinder in Kraft.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hatte Anlaufschwierigkeiten angekündigt und dabei einen großen Bürokratie-Aufwand kritisiert. Bund und Länder hätten sich erst vor 14 Tagen auf gemeinsame Richtlinien der Umsetzung verständigt.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bekräftigte, dass die SPD die Leistung im Fall eines Wahlsieges abschaffen und das Geld für 200 000 zusätzlich Kita-Plätze einsetzen will. Das Betreuungsgeld werfe Frauen zurück und halte sie von der Erwerbstätigkeit fern, kritisierte er am Sonntag in Berlin.

Bayern setzt dagegen auf eine Werbekampagne. 55 000 Haushalte erhielten nach „Spiegel“-Angaben ein Informationsblatt. Ein Info-Telefon sei eingerichtet worden. Bis Ende voriger Woche hätten 2755 berechtigte Haushalte fast vollständig ausgefüllte Anträge erhalten. Die Angeschriebenen müssten nur noch drei bis fünf Kreuze machen und unterschreiben, so eine Sprecherin des Sozialministeriums.