Widerstand gegen Ausweitung der Auslandseinsätze

Berlin (dpa) - Das Ringen um die Bundeswehr der Zukunft hat begonnen. Nach Minister de Maizières Startschuss für die Reform sorgt vor allem die geplante Ausweitung der Auslandseinsätze für Wirbel.

Der Bundeswehrverband machte am Donnerstag gegen eine Ausweitung der Auslandseinsätze verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Gleichzeitig entbrannte ein Streit über einen Umzug des Verteidigungsministeriums nach Berlin.

De Maizière hatte am Mittwoch sein Konzept für die zweite Stufe der Bundeswehrreform nach dem Aussetzen der Wehrpflicht vorgestellt. Danach soll die Bundeswehr deutlich kleiner werden, aber mehr Soldaten in die Einsätze schicken können. Zudem will de Maizière die Beteiligung an Militärmissionen nicht mehr nur nach nationalen Kriterien beurteilen.

Bundeswehrverbands-Chef Ulrich Kirsch äußerte sich im Bayerischen Rundfunk skeptisch. „Das Parlament muss darüber befinden, ob der Vorschlag des Verteidigungsministers so auch verfassungsrechtlich tragbar ist und ob das politisch gewollt ist.“

De Maizière verteidigte seine Pläne für die Auslandseinsätze. „Wir müssen uns auf viele denkbare Fälle vorbereiten“, sagte er im ZDF-„heute-journal“. Das Spektrum der Einsätze reiche „von Wahlbeobachtung bis hin zu einer Intervention, wie wir es im Balkan erlebt haben“. Auch auf längere Auslandseinsätze müsse die Bundeswehr vorbereitet sein.

Der Grünen-Politiker Omid Nouripour wies die Verfassungsbedenken zurück. Bereits jetzt würden Auslandseinsätze nicht nur nach nationalen Interessen beurteilt, sagte er der dpa. Er halte es für einen Fortschritt, dass dies nun endlich auch klar ausgesprochen werde. Nouripour kritisierte dagegen, dass Landesverteidigung in den verteidigungspolitischen Richtlinien de Maizières mit Bündnisverteidigung innerhalb der Nato gleichgesetzt wird.

Der Minister will künftig 10 000 statt bisher 7000 Soldaten für die Auslandseinsätze zur Verfügung stellen. Für Irritationen sorgte zudem, dass „ein freier und ungehinderter Welthandel“ sowie „der freie Zugang zur Hohen See und zu natürlichen Ressourcen“ in den neuen verteidigungspolitischen Richtlinien als sicherheitspolitisches Ziel festgeschrieben ist.

„Es darf nicht um die militärische Absicherung wirtschaftlicher Interessen gehen, sondern darum, globale Sicherheitsinteressen im Auftrag der Uno einzudämmen“, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin der „Frankfurter Rundschau“. Der Linke- Abgeordnete Wolfgang Gehrcke warf de Maizière in diesem Zusammenhang einen „gefährlichen nationalen Patriotismus“ vor, der „nichts mit Geist und Buchstaben des Grundgesetzes zu tun“ habe.

Der CDU-Verteidigungsexperte Ernst-Reinhard Beck sprach sich unterdessen für eine Konzentration des Verteidigungsministeriums in Berlin aus. „Zwei Standorte kosten nur viel Zeit und viel Geld“, sagte der Fachsprecher der Unionsfraktion im Bundestag der „Bild“-Zeitung. Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Hintze, erteilte dem Bonn-Berlin-Umzug dagegen im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag) eine Absage. Auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, lehnte die Forderung nach einem Komplettumzug ab. „Es ist überhaupt nicht hilfreich, diese Debatte anzustoßen“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Freitag).

Derzeit sitzen etwa 2700 der rund 3200 Mitarbeiter noch am Hauptstandort des Ministeriums in Bonn. De Maizière (CDU) hatte am Mittwoch bei der Vorstellung seines Reformkonzepts Sympathien für einen Komplettumzug erkennen lassen. „Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass es diesen Handlungsbedarf gibt“, sagte er. Die Frage soll aber erst im Oktober geklärt werden, wenn auch über die Schließung von Kasernen entschieden wird.