Wulff bekommt Ehrensold
Berlin (dpa) - Ungeachtet der heftigen öffentlichen Kritik bekommt der zurückgetretene Bundespräsident Christian Wulff bis zum Lebensende einen Ehrensold vom Staat.
Allerdings werden die künftigen Versorgungsansprüche aus seiner Tätigkeit als niedersächsischer Ministerpräsident sowie als Landtagsabgeordneter angerechnet. Das teilte das Bundespräsidialamt in Berlin mit.
Das Ruhegeld dürfte sich für den 52-jährigen Wulff, der bereits nach rund 20 Monaten aus dem Amt schied, auf knapp 200 000 Euro im Jahr belaufen. Es wird in voller Höhe besteuert.
Die Versorgungsansprüche aus der Zeit als Ministerpräsident werden mit 60 Jahren fällig, die aus der Abgeordnetentätigkeit mit 57 Jahren. Neben dem Ruhegeld werden für Ex-Bundespräsidenten auch Sach- und Personalkosten für Büro mit Sekretariat, persönlichen Referenten und Chauffeur übernommen, die durchschnittlich bei 280 000 Euro im Jahr liegen.
Das Bundespräsidialamt entschied bereits zwei Wochen nach dem Rücktritt über das heftig umstrittene Ruhegeld für Wulff. Das Amt argumentierte: „Das Bundespräsidialamt ist nach Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für den Ehrensold (...) erfüllt sind. Bundespräsident Christian Wulff ist am 17. Februar 2012 aus politischen Gründen aus seinem Amt ausgeschieden.“ Weiter hieß es: „Es waren objektive Umstände für eine erhebliche und dauerhafte Beeinträchtigung der Amtsausübung gegeben.“
Das Präsidialamt stellte zudem klar, dass die Behörde für die Entscheidung über den Ehrensold und dessen Festsetzung zuständig sei. Es handele sich aber nicht um eine Ermessensentscheidung. Damit reagierte das Präsidialamt offensichtlich auch auf eine Debatte, wonach der Haushaltsausschuss in die Entscheidung eingebunden werden müsse. Dies sei nicht der Fall, hieß es im Präsidialamt. Im übrigen habe der zuständige Referatsleiter, wie dies üblich sei, das Dokument unterzeichnet.
Wulff, der am Donnerstag nächster Woche mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet wird, war Mitte Februar nach fast zweimonatigem Dauerbeschuss in den Medien zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft Hannover leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident steht im Verdacht, Vergünstigungen von befreundeten Unternehmern angenommen zu haben.
Einzelne Haushälter sind der Auffassung, dass man Wulff den Ehrensold entziehen sollte, wenn das Ermittlungsverfahren zu einem Strafbefehl führt. Zu diesem Fall äußerte sich das Bundespräsidialamt in seiner Mitteilung vom Mittwoch nicht.
Die Kritik am Ruhegeld für Wulff ging indessen weiter. Das SPD-Vorstandsmitglied Ralf Stegner sagte der „Welt“ (Donnerstag): „Wenn es (...) zu einem Strafverfahren oder gar zu einer Verurteilung von Herrn Wulff kommt, dann muss die Frage des Ehrensoldes neu bewertet werden.“
Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jürgen Koppelin, äußerte im „Tagesspiegel“ (Donnerstag) Zweifel, ob die Entscheidung richtig sei. Jedenfalls sei verwunderlich, dass der von Wulff im Präsidialamt eingesetzte Staatssekretär Lothar Hagebölling und nicht dessen Nachfolger mit der Frage befasst gewesen sei. „Es war keine Eile geboten“, sagte Koppelin.
Auch der Linken-Abgeordnete Dietmar Bartsch sieht die Zahlung kritisch. „Im Ausschuss wird nicht über den Ehrensold entschieden, sehr wohl aber über alle weiteren Leistungen, und das werden alle Berichterstatter einschließlich mir genauestens prüfen“, sagte Bartsch der Zeitung.
Der rechtspolitische Sprecher der Linken, Wolfgang Neskovic, sagte der „Märkischen Allgemeinen“ (Donnerstag), Wulff sei wegen Ermittlungen aufgrund seines Verhaltens in seiner Zeit als Ministerpräsident zurückgetreten. „Das ist ein persönlicher Grund und kein politischer, wie das Präsidialamt mitteilt.“
Nach dem „Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten“ von 1953 erhält ein Staatsoberhaupt mit Ablauf der Amtszeit bis zum Lebensende einen Ehrensold in Höhe der vollen Amtsbezüge. Das sind derzeit 199 000 Euro pro Jahr. Dies gilt grundsätzlich auch bei einem vorzeitigen Ausscheiden „aus politischen oder gesundheitlichen Gründen“. Von persönlichen Gründen ist allerdings nicht die Rede.
Nachfolger Wulffs soll der DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck werden. Er soll am 18. März von der Bundesversammlung gewählt werden. Darauf verständigten sich CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne. Die Linke will die als Nazi-Jägerin bekanntgewordene Beate Klarsfeld als Gegenkandidatin aufstellen.