Zschäpe-Aussage: „Wir wollen das hinter uns bringen“
München (dpa) - Im Münchner NSU-Prozess will die Hauptangeklagte Beate Zschäpe in dieser Woche ihr Schweigen brechen. Ihr Verteidiger Mathias Grasel teilte mit, „dass die geplante Einlassung von Frau Zschäpe für kommenden Mittwoch vorgesehen ist“.
Dabei bleibe es auch trotz einer psychischen Krise seiner Mandantin. Der Prozess steht damit vor einer möglicherweise entscheidenden Wende.
Grasel sagte, es habe „Vorfälle“ in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim gegeben, die er aber nicht näher benennen wollte. Es gehe seiner Mandantin nicht gut. Er sei aber dennoch mit ihr „übereingekommen, dass wir das jetzt hinter uns bringen wollen“. Nicht bestätigen wollte er Medienberichte, wonach Zschäpe einen Nervenzusammenbruch erlitten habe.
In den bisherigen zweieinhalb Jahren des Prozesses hatte Zschäpe eisern geschwiegen. Sie folgte damit der Strategie ihrer drei anderen Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm. Im NSU-Prozess muss sie sich als mutmaßliche Mittäterin für die Serie der zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge verantworten, die dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) vorgeworfen werden. Zschäpe ist die einzige Überlebende des NSU-Trios.
Grasel hat angekündigt, für die Verlesung ein bis eineinhalb Stunden zu benötigen. Zschäpes Erklärung werde sich mit jedem Anklagepunkt der Bundesanwaltschaft auseinandersetzen. Dies hatte er zuvor bereits dem Bayerischen Rundfunk gesagt. Bereits früher hatten Grasel und sein Kanzleikollege Hermann Borchert betont, Zschäpe werde „umfassend“ aussagen.
Die Anklageschrift beschreibt den Werdegang des NSU vom Abtauchen in den Untergrund im Jahr 1998 bis zu den Verbrechen des Trios, vor allem den Morden und Sprengstoffanschlägen. Zschäpe wird darin Mittäterschaft vorgeworfen, weil sie von allen Taten gewusst haben und sie als Mitglied der aus drei Personen bestehenden „terroristischen Vereinigung“ NSU gebilligt haben soll.
Neun der Mordopfer waren Gewerbetreibende türkischer oder griechischer Herkunft. Als Motiv für diese Taten und die beiden Sprengstoffanschläge in Köln nimmt die Bundesanwaltschaft Fremdenfeindlichkeit an. Die beiden anderen NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen sich nach einem gescheiterten Banküberfall im November 2011 in Eisenach das Leben genommen haben.
Grasel war der Angeklagten im Sommer als vierter Pflichtverteidiger zur Seite gestellt worden. Vor wenigen Wochen hatte sich Borchert zusätzlich als Wahlverteidiger bei Gericht angemeldet. Grasel wird aus der Staatskasse bezahlt, Borchert nicht. Wer für seine Kosten aufkommt, wollte er auf Anfrage nicht mitteilen. Mit ihren drei ursprünglichen Verteidigern Heer, Stahl und Sturm wird Zschäpe damit von fünf Anwälten vertreten.
Im NSU-Prozess steht der nächste Verhandlungstag an diesem Dienstag an. Dann hat das Gericht einen Kriminalermittler als Zeugen geladen, der über Bankkonten und Bahncards des mitangeklagten mutmaßlichen Terrorhelfers André E. aussagen soll.