Israel setzt in Nahost auf Zuckerbrot und Peitsche
Neue Siedlungsprojekte erschweren die Gespräche mit den Palästinensern.
Tel Aviv. Vor der neuen Gesprächsrunde heute setzt Israel im Umgang mit den Palästinensern auf Zuckerbrot und Peitsche. Die Freilassung der ersten 26 von 104 Langzeithäftlingen soll Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die Rückkehr an den Verhandlungstisch versüßen und seinen Stand gegenüber der radikal-islamischen Hamas stärken. Gleichzeitig provoziert Israel mit der Ankündigung, man werde fast 1200 neue Siedlerwohnungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem bauen.
Der palästinensische Unterhändler Mohammed Schtajeh sprach schon von einem „klaren Beweis“, dass Israel es nicht ernst meine. Auch die linksliberale israelische Zeitung „Haaret von einem „gezielten Angriff“ auf die nach fast dreijähriger Eiszeit wieder begonnenen Friedensgespräche.
US-Außenminister John Kerry reagierte zurückhaltend und nannte die Baupläne sogar „bis zu einem gewissen Grad erwartet“ — obwohl man natürlich alle Siedlungen als illegal betrachte. Er rechne nicht damit, dass sie die Gespräche der israelischen Verhandlungsführerin Zipi Livni mit dem palästinensischen Unterhändler Saeb Erekat aus der Bahn werfen, betonte Kerry.
Mit den neuen Ausschreibungen für Siedlerhäuser will Israels Premier Benjamin Netanjahu die rechtsorientierten Mitglieder seiner Regierung besänftigen. Die Freilassung der 104 palästinensischen Häftlinge ist höchst umstritten. Auch innerhalb von Netanjahus Mitte-Rechts-Regierung, die den Schritt immerhin selbst gebilligt hat, reißt die Kritik an der Freilassung verurteilter Mörder nicht ab. „Die Terroristen, deren Freilassung beschlossen wurde, haben Frauen und Kinder ermordet, und es ist mir nicht klar, wie die Freilassung von Mördern dem Frieden dienen soll“, sagte Wohnungsbauminister Uri Ariel von der Siedlerpartei Das Jüdische Haus.
Er hatte am Sonntag eine politische Bombe platzenlassen, als er den Bau von 1200 Siedlerwohnungen ankündigte und erklärte: „Kein Land der Erde lässt sich von anderen Staaten vorschreiben, wo es bauen und wo es nicht bauen darf.“ Der Zeitpunkt der Ankündigung war kein Zufall. So kurz vor der Freilassung der Häftlinge waren den Palästinensern die Hände gebunden.