Gescheiterte Sondierungen Jamaika-Aus: Die FDP will nicht der Buhmann sein

Das NRW-Spitzenpersonal erklärt die Motivlage, die zum Abbruch der Jamaika-Gespräche führte.

Foto: Rolf Vennenbernd

Düsseldorf. Die FDP steht unter Rechtfertigungsdruck. Sie will nicht dastehen als die Partei, der allein der Abbruch der Jamaika-Gespräche anzulasten sei. Und die bei möglichen Neuwahlen eben dafür vom Wähler abgestraft werden könnte. Darum bieten die Liberalen gestern hochrangiges Personal auf, um bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in einem Düsseldorfer Hotel gegenzuhalten — gegen den Trend der öffentlichen Meinung. Neben dem Landtagsfraktionschef Christof Rasche sind die Landesminister Joachim Stamp und Andreas Pinkwart da. Und NRW-Generalsekretär Johannes Vogel, der wie die beiden Minister die Jamaika-Gespräche vier Wochen lang mit geführt hat.

NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart legt einen Entlastungsangriff gegen alle diejenigen hin, die FDP-Parteichef Christian Lindner nun das Buhmann-Image anhängen wollen. Lindner habe die Sache vor die eigene Person gestellt. „Er hätte ja auch sagen können, na gut, ein bisschen schwierig wird es, vielleicht ein paar Kompromisse, die nicht gut sind für Deutschland. Aber es ist schön, wenn man in die Regierung geht und dort vielleicht eine ganz herausgehobene Position bekommt.“ Die Verhandlungspartner der FDP hätten diese Unabhängigkeit wohl unterschätzt, sagt Pinkwart, „aber mir hat das sehr gut gefallen“.

Johannes Vogel, der für die FDP im Bundestag sitzt, versucht seine eigene Interpretation der Worte des Bundespräsidenten. Frank Walter Steinmeier hatte gemahnt, die Verantwortung der Parteien gehe weit über die eigenen Interessen hinaus und gelte nicht nur gegenüber den Wählern der jeweils eigenen Partei. Er, Vogel, verstehe den Bundespräsidenten so, dass sich Parteien Gesprächen nicht verweigern dürften und kompromissfähig sein müssten. Da habe sich die FDP nichts vorzuwerfen. „Aber wir haben auch eine Verantwortung dafür, dass ein Eindruck des Bürgers nicht bestätigt wird: egal, was man wählt, es wird sowieso dieselbe Politik fortgesetzt.“ Das fördere Parteiverdrossenheit.

NRW-Integrationsminister Joachim Stamp, der am Samstag beim Landesparteitag in Neuss Christian Lindner als Landesvorsitzender beerben will, schilderte, wie die Jamaika-Sondierungen abliefen: Es sei ein permanentes Hin und Her gewesen, die Stimmungslage „dauergereizt“. Immer wieder seien Dinge, über die man bereits einig gewesen sei, wieder zurückgedreht worden — „in Richtung Grüne, das war für uns indiskutabel.“ Und Stamp schlägt die Tür zu: „In der derzeitigen Konstellation ist eine weitere Jamaika-Sondierung ausgeschlossen. Es hätte schlichtweg keinen Zweck, das haben wir bis zum Exzess ausprobiert.“

Doch das soll sich nicht auf NRW auswirken, wo die FDP seit ein paar Monaten mit der CDU regiert. FDP-Fraktionschef Rasche: „Wir wollen die Modernisierung Nordrhein-Westfalens fortsetzen.“ So ähnlich hatte das am Montag auch Ministerpräsident Armin Laschet für die CDU gesagt.

Wenn am Samstag in Neuss der Stabwechsel von Christian Lindner zu Joachim Stamp erfolgt, wird der sich ganz auf die Bundesebene konzentrierende Lindner noch einmal erklären, dass er und seine Delegation in Berlin alles richtig gemacht haben. Tosender Applaus des eigenen Lagers dürfte ihm sicher sein.