Modell Spezial-Staatsanwälte sollen Polizei und Sanitäter schützen
Düsseldorf · Das Sonderdezernat in Düsseldorf kämpft gegen Übergriffe auf Menschen mit öffentlichen Aufgaben – ein Modell für ganz NRW.
Gewalt gegen Sicherheits- und Rettungskräfte, aber auch gegen Gerichtsvollzieher und andere Menschen mit einer öffentlichen Aufgabe ist nach Einschätzung des NRW-Justizministeriums ein wachsendes Problem. Bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf wurde jetzt ein Sonderdezernat zur Bekämpfung dieser Straftaten gegründet, das binnen gut fünf Monaten fast 500 Verfahren auf den Tisch bekommen hat. Justizminister Peter Biesenbach (CDU) will dieses Modell flächendeckend ausrollen.
Am 1. September nahm die Spezial-Staatsanwältin Britta Zur in Düsseldorf ihre Arbeit auf. Seit Anfang Januar hat sie einen Kollegen an der Seite. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass es so viele Fälle werden“, sagt der Chef der Staatsanwaltschaft, Falk Schnabel. Schon 490 Verfahren gingen im Sonderdezernat ein, davon wurden 330 erledigt. „Ein außerordentliches Tempo“, betont Schnabel. In 106 Fällen wurde Anklage erhoben, in 36 ein Strafbefehl beantragt – in anderen Fällen seien Verdächtige nicht auffindbar gewesen oder Verfahren an andere Behörden abgegeben worden. Insgesamt rechnet man für 2019 mit rund 900 Fällen.
Im Schnitt kostet eine Beleidigung jetzt ein Monatsgehalt
Einstellungen von Verfahren sind jetzt aber die Ausnahme, sagt Zur: „Dieses Dezernat ist gegründet worden, damit diese Straftaten mit der gebotenen Härte verfolgt werden.“ Man könne nicht hinnehmen, dass die Beleidigung von Amtsträgern inzwischen „mehr oder weniger ein Volkssport“ sei. Konkret heißt das: Auch wer nicht vorbestraft sei, zahle in ihren Verfahren zum Beispiel nach der Beleidigung eines Polizisten in der Düsseldorfer Altstadt in aller Regel ein Monatsgehalt.
Neben Widerstandshandlungen gegen Polizisten, Beleidigungen von und Übergriffe auf Amtsträger, Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes oder Rettungskräfte werden auch die Verfahren gegen Gaffer im Sonderdezernat geführt, das zur Abteilung für politische Straftaten gehört. „Das unterstreicht die Bedeutung, die wir diesen Straftaten beimessen“, sagt Schnabel.
Ganz neu ist der Ansatz einer Spezialeinheit zur Bekämpfung der wachsenden Respektlosigkeit nicht: In Aachen und Köln gibt es bereits seit 2017 solche Dezernate. In Aachen hätten 70 Prozent der eingehenden Fälle inzwischen eine Sanktion zur Folge, bei allen Straftaten insgesamt liege die Quote nur bei gut 20 Prozent, berichtet Biesenbach: „Das ist eine tolle Zahl.“
So toll, dass er erwägt, zumindest in allen größeren Städten ähnliche Sonderdezernate aufzubauen. Bis zum Herbst wolle man die Arbeit der Sonderdezernate in Düsseldorf, Köln und Aachen gezielt evaluieren. Dann werde entschieden, ob und in welcher Form dies sinnvoll sein könnte.
Die Resonanz von Feuerwehr, Polizei und Ordnungsamt sei in Düsseldorf zumindest sehr positiv, sagt Staatsanwältin Zur. Auch Heiko Müller von der Gewerkschaft der Polizei nennt das Modell „beispielhaft“. Nicht bei allen Strafverfolgern in NRW sei dieses Thema so präsent – ein Grund, weshalb viele Fälle von den betroffenen Beamten gar nicht erst angezeigt würden. Auch das könnte eine Erklärung für die aktuell besonders hohen Fallzahlen in Düsseldorf sein.