Nach der Bundestagswahl So liefen die ersten Sondierungsgespräche
Berlin · Die Grünen loben die SPD, und die FDP hält eine Einigung mit der Union für leichter: Doch vorentschieden ist bei der Regierungsbildung noch nichts. Am Dienstag steht das vorerst letzte Sondierungsgespräch an.
Nach den ersten Sondierungen für eine Regierungsbildung ist der Ausgang weitgehend offen - und das Ringen geht weiter. SPD und Union, die beide nach der Regierungsführung streben, warben bei den Treffen am Sonntag für sich. Die potenziellen kleineren Partner ließen wiederum Sympathien für ihre jeweiligen Wunschbündnisse erkennen: Die Grünen zeigten sich der SPD zugeneigt, die FDP der Union - ohne sich allerdings festzulegen.
Dieser Montag wird voraussichtlich eine Art Zwischentag ohne öffentlich bekannte Termine, die montäglichen Sitzungen der Parteigremien gibt es in dieser Woche nicht. Aber bereits am Dienstag steht eine weitere Sondierungsrunde an, diesmal zwischen Union und Grünen. Danach dürfte sich entscheiden, ob es weiterer Sondierungsrunden bedarf, oder ob Entscheidungen in Richtung förmlicher Koalitionsgespräche fallen. Erst in solchen formellen Verhandlungen würden die Vertragsdetails entweder für eine Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP oder für ein sogenanntes Jamaika-Bündnis von Union, Grünen und FDP ausgehandelt.
Am Sonntagnachmittag hatte die SPD von Kanzlerkandidat Olaf Scholz zunächst mit der FDP und am Abend dann mit den Grünen sondiert. Die Union von Parteichef Armin Laschet sondierte abends ihrerseits parallel mit der FDP. In den Tagen zuvor hatten sich die Sondierer-Teams von Grünen und FDP bereits zwei Mal getroffen. Am Sonntag bekundeten dann nach den Treffen alle Seiten, einen Aufbruch für Deutschland zu wollen.
Auffällig war, wie Grünen-Chef Robert Habeck das Verhältnis zur SPD beschrieb. Zunächst betonte er, dass sie anders als seine Partei und die FDP für die bisherige Regierungsarbeit mit verantwortlich ist - dann aber fügte er hinzu: „Wir haben auch bei der SPD eine Bereitschaft gefunden und festgestellt, tatsächlich noch einmal neu zu starten, eine Dynamik zu entfachen, die dann auch die liegengebliebenen Probleme vielleicht lösen kann.“
FDP-Generalsekretär Volker Wissing wiederum betonte nach der Sondierungsrunde mit der SPD, dass es Klippen gebe und man „in wesentlichen Punkten auseinander“ liege. Beide Seiten seien aber entschlossen, „eine Reformregierung zu bilden, die unser Land nach vorne bringt“. Nach der Gesprächsrunde mit der Union sprach er von „inhaltlich wenig Klippen“.
Allerdings stehen die Entscheidungen von Grünen und FDP für einen Dreierbund mit einem der beiden größeren Partner auch unter dem Eindruck der Querelen in der Union nach deren Wahlniederlage. Die bislang schwache SPD hatte zugelegt und die Wahl vor einer Woche mit 25,7 Prozent gewonnen - die Union stürzte von einst hohen Werten auf 24,1 Prozent. Seitdem tobt unionsintern eine Auseinandersetzung um die Konsequenzen und Laschet als Führungsfigur. Immer mehr Politiker von CDU und CSU fordern eine inhaltliche und auch personelle Neuaufstellung. Fraglich scheint vor allem, ob diese sofort vollzogen werden soll oder abhängig davon, ob man die Regierungsmacht noch retten kann.
Der CDU-Politiker Norbert Röttgen verteidigte den Schritt der Union, mit Laschet in die Sondierungen mit Grünen und FDP zu gehen. In der ARD-Sendung „Anne Will“ verneinte er die Frage, ob Laschet unmittelbar nach der Wahlniederlage hätte zurücktreten müssen. „Das wäre falsch gewesen“, sagte Röttgen, der als einer derjenigen gilt, die Laschet stürzen wollen, um selbst aufzurücken. Ein Rücktritt wäre deshalb falsch gewesen, weil noch nicht klar gewesen sei, wer eine Regierung bilden könne - SPD, Grüne und FDP oder die Union in einem Jamaika-Bündnis. „Wenn das nicht der Fall ist, ist die Union auch in der Pflicht, Gespräche zu führen“, erklärte er - „und zwar mit dem Personal, das gewählt worden ist“, also Laschet.