Projekt: Karte für den jährlichen Zoo-Besuch
Stuttgart finanziert Familien mit geringem Einkommen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Stuttgart. Wenn man Sofia Papadopoulos, Mutter von drei Jungen, nach der Stuttgarter Familiencard fragt, kommt sie ins Schwärmen. Sie nutzt die Karte seit der Einführung 2001, erst für ihren heute 13-jährigen Sohn Joannis, dann für Giorgios und zuletzt auch für das Nesthäkchen Antonios.
Auf der Karte sind für jedes Kind für dieses Jahr 60 Euro geladen, mit denen die Familie sich Dinge leisten kann, die sonst in dem Umfang nicht möglich wären. Dazu gehört etwa der jährliche Zoo-Besuch.
Stuttgart ist die einzige Stadt in Deutschland, die ihren Familien eine solche elektronische Geldbörse für Kultur, Sport und Bildung bietet - und das nicht nur armen, sondern auch Mittelstandsfamilien. Voraussetzung ist, dass die Bruttoeinkünfte der Familie mit Kindern unter 16 Jahren 60 000 Euro im Jahr nicht übersteigen.
Um die Karte zu erhalten und zu verlängern, muss jedes Jahr im Bezirksrathaus ein Einkommensnachweis vorgelegt werden. Wer vier Kinder und mehr hat, erhält die Vergünstigung unabhängig von den Einkünften.
Für dieses Jahr werden voraussichtlich 46 200 Karten beantragt - fast zwei Drittel aller Kinder und Jugendlichen kommen dann in ihren Genuss; die Stadt lässt sich das 2,1 Millionen Euro kosten. Abbuchungen sind an 240 Terminals möglich, etwa in den städtischen Bädern, den Museen und in Sportvereinen.
Das Stuttgarter Modell gilt wie die Schulverpflegung in Recklinghausen als mögliches Vorbild für ein bargeldloses System, mit dem die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Besserstellung der 1,7 Millionen Kinder in Hartz-IV-Familien umgesetzt werden kann.
In Recklinghausen läuft seit 2006 die Mittagsversorgung der Schulen und Kitas über Chipkarten. Gezahlt wird übers Internet mit der Kartennummer. So ist Anonymität gewährleistet, erklärt Reinhard Hösel, bei der Stadt für Schulen zuständig.
Schüler aus Hartz-IV-Familien zahlen in Recklinghausen nur einen Euro statt 2,50 Euro pro Essen. Rund 400 000 Mahlzeiten werden pro Jahr in den 42 Schulen und Kindergärten bereitgestellt.